Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.98

 

stellte der Haftbefehl vom 24.11.1960 dar, während die 15jährige Verjährungsfrist bereits im Juli 1956 abgelaufen war.

Daraus folgt, dass das Verfahren gegen den Angeklagten K. nach §260 StPO durch Urteil auf Kosten der Staatskasse einzustellen war.

 

D. Aus der Tätigkeit bei der Dienststelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) in Kiew - insbesondere die Angeklagten E., Dr. Schumacher, Brünnert, Kl. und P.

 

I. Tatsächliche Feststellungen

 

1. Allgemeines

 

Nachdem im Winter 1941/1942 der Vormarsch der deutschen Truppen in Russland zum Stehen gekommen war, wurde ein Grossteil der im Frühsommer 1941 aufgestellten Einsatzkommandos aufgelöst. Aus ihren Angehörigen und neu aus dem Reich gekommenen und wiederum von Gestapo, Kripo, SD und Waffen-SS rekrutierten Kräften wurden an zahlreichen Orten im rückwärtigen Frontgebiet Dienststellen unter der Bezeichnung "Der Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD" (KdS) errichtet. Sie hatten im wesentlichen dieselben Aufgaben wie die Einsatzkommandos.

Von diesen unterschieden sie sich hauptsächlich dadurch, dass sie ihre Aufgaben stationär und nicht wie die Einsatzkommandos auf dem Vormarsch im Schatten der vorrückenden Truppen zu erfüllen hatten. So waren auch sie neben ihrer nachrichtendienstlichen und sicherheitspolizeilichen Tätigkeit mit der sog. "Sonderbehandlung" der Juden befasst. Das war - wie alle Angeklagten wussten - die Tarnbezeichnung für die physische Vernichtung der Juden, wie sie, wie bereits unter B.II. dargelegt, von Hitler befohlen war.

 

Der KdS-Dienststelle Kiew, die im Mittelpunkt dieses Verfahrensabschnittes steht, waren unmittelbar übergeordnet die Dienststelle des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD für die Ukraine (BdS) einerseits und die des SS- und Polizeiführers für den Generalbezirk Kiew andererseits.

Beide unterstanden wiederum dem höheren SS- und Polizeiführer Süd (HSSPF) und der BdS unmittelbar auch dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin. Alle genannten Dienststellen hatten ihren Sitz in Kiew.

Durch Schnellbrief des RSHA vom 9.12.1941 war der Angeklagte E., damals SS-Obersturmbannführer, zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD von Kiew ernannt worden. Die Ernennung hatte ihn als Führer des EK 1b noch in Minsk erreicht. Seine Tätigkeit im neuen Dienstbereich in Kiew nahm er im Februar 1942 auf. Er leitete die Dienststelle bis September 1943, wo Kiew geräumt werden musste und er dann als Führer der Einsatzgruppe B und BdS für Russland Mitte und Weissruthenien wiederum nach Minsk kommandiert wurde. Während dieser Zeit als KdS in Kiew war BdS und gleichzeitig Chef der Einsatzgruppe C der SS-Gruppenführer Dr. Thomas, und höherer SS und Polizeiführer war der SS-Obergruppenführer Prützmann.

 

Als der Angeklagte E. die KdS-Dienststelle in Kiew im Frühjahr 1942 errichtete, waren die grossen Judenvernichtungsaktionen bereits vorüber.

So hatte vor allem das von Paul Blobel geführte Einsatzkommando 4a mit Unterstützung des Stabes der Einsatzgruppe C und zweier Kompanien des Polizeiregiments Süd unmittelbar nach der Besetzung von Kiew durch die deutschen Truppen (19.9.1941) am 29. und 30.9.1941 in der Babe-Yar-Schlucht bei Kiew 33771 Juden erschossen. Desgleichen waren Hunderte von Juden im Winter 1941/1942 vom Einsatzkommando 5 unter Obersturmbannführer August Meyer, dem im Januar und Februar 1942 auch der Angeklagte Dr. Schumacher angehört hatte, in Kiew umgebracht worden. Gleichwohl hielt sich noch eine grosse Zahl von Juden in Kiew auf, die jedoch meist versteckt lebten. Ihre Ausrottung war jedoch nicht die vordringlichste Aufgabe der KdS-Dienststelle. Sie hatte sich vielmehr in ständig zunehmendem Masse mit immer häufiger und bedrohlicher werdenden Sabotageakten und Partisanentätigkeit zu befassen, deren Abwehr ihr ebenfalls oblag. Daneben wurde aber der auch ihr geltende Judenvernichtungsbefehl