Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.94

 

und mit Erfolg es unternommen hat, sich von dem Einsatzkommando wegen dessen teilweiser verabscheuungswürdiger und verbrecherischer Tätigkeit fernzuhalten. Wenn der Angeklagte H. auch schon in Dünaburg Auftrag zu solcher Tätigkeit gehabt haben würde, so kann diesem Angeklagten, gegen den in der Hauptverhandlung von keinem Zeugen auch nur ein einziges schlechtes, dafür aber nur anerkennende Worte gefallen sind, nicht widerlegt werden, dass er dann auch schon dort in Dünaburg den Mut aufgebracht haben würde, solchem Auftrage sich zu entziehen.

Und wenn der Angeklagte H. sich schliesslich während des gegen den Angeklagten E. gerichteten Ermittlungsverfahrens freiwillig als Zeuge zur Verfügung gestellt hat, so liegt nach dem hier Erörterten und nach dem von ihm in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindruck es nahe, dass er das nicht um einer Flucht nach vorn willen getan hat, sondern dass es aus einem Gefühl eigener strafrechtlicher Schuldlosigkeit heraus mit dem ehrlichen Bestreben geschehen ist, die Wahrheit zu finden mitzuhelfen.

 

Der Angeklagte H. ist deshalb freizusprechen. Der Freispruch erfolgt wohl mangels Beweises, aber auch ohne den Rest eines begründeten Tatverdachts; er kommt einem Freispruch wegen erwiesener Unschuld nahe. Der Staatskasse sind daher nicht nur die Verfahrenskosten insoweit, sondern auch die dem Angeklagten H. erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.

 

V. Rositten - die Angeklagten E. (Freistellung von Schuld), Ku. (Freispruch) und K. (Einstellung)

 

Ebenfalls nicht bestätigt hat die Hauptverhandlung den den Angeklagten E., K. und Ku. hinsichtlich der in Rositten, dem nach Dünaburg nächsten Aufenthalt des EK 1b in Lettland, im Juli 1941 durchgeführten Exekutionen gemachten Schuldvorwurf.

 

1. Die Beschuldigungen nach dem Eröffnungsbeschluss

 

In Anklage und Eröffnungsbeschluss werden diese Angeklagten davon beschuldigt, sie hätten aufgrund des bereits dargelegten Judenvernichtungsbefehls:

a. der Angeklagte E. die Erschiessung von 140 Juden durch lettische Hilfspolizeikräfte unter Leitung von SS-Führern seines Kommandos durchführen lassen;

b. der Angeklagte K. auf Anordnung seines Vorgesetzten, des Einsatzkommandoführers E., eine von einem lettischen Kommando durchgeführte Exekution von mindestens 80 Juden geleitet;

c. der Angeklagte Ku. am 16.Juli 1941 auf Anordnung seines Vorgesetzten, des Einsatzkommandoführers E., eine von einem lettischen Kommando durchgeführte Exekution von mindestens 60 Juden geleitet.

(Verbrechen, strafbar nach §§211 a. und n.F., 49, 73 StGB).

 

2. Ergebnis der Hauptverhandlung insoweit

 

Das Schwurgericht hat nicht mit einer für eine Verurteilung auch ausreichenden Sicherheit den Tatbestand einer Unrechtstat der Angeklagten hierbei festzustellen vermocht.

Durch die insoweit glaubhafte Einlassung der Angeklagten Ku. und K. ist bewiesen, dass in Rositten während des Aufenthalts des EK 1b am 16.7.1941 eine Exekution von ca. 60 Personen in Anwesenheit des Angeklagten Ku. und Tage zuvor eine von ca. 80 Personen in Anwesenheit des Angeklagten K. stattgefunden haben. Das Schwurgericht hat jedoch nicht die volle Überzeugung davon gewonnen, dass diese Exekutionen ebenfalls wie die von Kowno und Dünaburg auf Anordnung des Angeklagten E. oder wenigstens unter dessen oder der beiden anderen Angeklagten fördernder Unterstützung durchgeführt worden sind.

Dass es so gewesen sein kann und dafür mancherlei Umstände sprechen, verkennt das Schwurgericht nicht.

 

Das Schwurgericht ist hier allein auf die Angaben der Angeklagten selbst und auf den