Justiz und NS-Verbrechen Bd.XL

Verfahren Nr.813 - 830 (1974 - 1976)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.830b BGH 23.02.1978 JuNSV Bd.XL S.865

 

Lfd.Nr.830b    BGH    23.02.1978    JuNSV Bd.XL S.865

 

4 StR 660/77

 

Im Namen des Volkes

 

 

In der Strafsache gegen

 

den Arbeiter Wilhelm Eickhoff 441 aus Minden, geboren am 12.März 1921 in Haddenhausen,

 

wegen Mordes.

 

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23.Februar 1978 für Recht erkannt:

 

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9.März 1976 im Strafausspruch geändert. Der Angeklagte wird zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Revision des Angeklagten wird verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft.

 

 

GRÜNDE

 

Das Schwurgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen Mordes an mindestens fünfzig Menschen zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

 

Der Angeklagte ficht seine Verurteilung in vollem Umfang an. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt.

 

I. Die Revision des Angeklagten

 

1. Verfahrensrügen

 

a) Der Verfahrensgegenstand ist hinreichend bestimmt festgelegt. Anklage und Eröffnungsbeschluss lassen keinen Zweifel darüber, welche konkrete Tat dem Angeklagten zur Last gelegt wird. Der vom Eröffnungsbeschluss übernommene Anklagesatz zu 1 (Bl.3147 d.A.) hebt die Taten des Angeklagten unverwechselbar von anderen Tötungen ab, die möglicherweise zur selben Zeit am selben Ort begangen worden sind. Der Anklagesatz bezeichnet Rang und Aufgabenbereich des Angeklagten und gibt eine begrenzte Tatzeit an, innerhalb derer der Angeklagte in einem bestimmten Arbeitslager "sonntags und auch regelmässig an Wochentagen Gruppen in Stärke von fünf bis zehn Juden heraussuchte und sie an in einem Wald hergerichteten Gruben erschiessen liess, wobei er selbst mitschoss". Mit dieser Festlegung sind die dem Angeklagten vorgeworfenen Tötungshandlungen durch bestimmte Tatumstände so genau bezeichnet, dass Unklarheit darüber, welche Handlungen ihm im einzelnen vorgeworfen werden, nicht besteht.

 

441 Die gegen diese Entscheidung des BGH eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen; siehe Lfd.Nr.830c.