Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.84

 

Di., damals SS-Oberscharführer, beteiligt war, wurde eines Mittags in einem kasemattenähnlichen Gelände, das hügelig und mit Kuscheln bestanden war, etwa 1/2 Stunde Fussmarsches ausserhalb von Dünaburg durchgeführt. Auch hier war wieder eine Razzia gegen jüdische Männer am Morgen durch Angehörige des EK 1b unter Zuhilfenahme ortskundiger Letten vorausgegangen.

Die dabei festgenommenen Juden waren hernach in eine Mulde des beschriebenen Geländes verbracht worden, wo sie auf ihre Erschiessung warten mussten. Die dann folgende Exekution leitete ein Offizier des EK 1b, der namentlich nicht ermittelt werden konnte. Ebenfalls Angehörige des EK 1b stellten die Absperrposten und wenigstens zwei von den Schützen, während die anderen Schützen aus den Reihen der lettischen Hilfspolizeikräfte genommen worden waren. Der Zeuge Di., der zunächst als Absperrposten eingeteilt war, schoss selbst mit, als es einem anderen Schützen des EK 1b unwohl geworden war, den er sodann auf Befehl des leitenden deutschen SS-Offiziers abzulösen hatte.

Die Juden wurden jeweils zu 10 Mann teils vor der Grube mit dem Gesicht zur Grube hin stehend, teils kniend durch Genickschuss erschossen; sie fielen in die Grube und die nächsten folgten ihnen, noch bevor die Erschossenen zugeschüttet oder sonst abgedeckt worden waren. Die jeweils folgenden hatten auch von ihrem Sammelplatz unweit der Grube aus die Schüsse hören können, von denen zuvor ihre Leidensgenossen tödlich getroffen worden waren. Auch bei dieser Exekution war der Angeklagte E. zeitweilig zugegen. Mit umgehängter Maschinenpistole, die Arme in die Hüften gestützt, stand er breitbeinig an der Grube und beobachtete den Erschiessungsvorgang. Bei dieser Erschiessung wurden wenigstens 80 jüdische Männer umgebracht.

 

c. Eine dritte Exekution von Juden geschah wiederum an einem Morgen, jedoch in aller Frühe, in unmittelbarer Nähe eines Friedhofs auf einem freien Felde ausserhalb von Dünaburg, etwa 1/2 Stunde Fussmarsches vom Gefängnis entfernt. Die Kommandoangehörigen hatten morgens gegen 4.00 Uhr antreten müssen und waren dabei zur Judenexekution eingeteilt worden. Sie, darunter auch der Zeuge Ke., damals SS-Mann, mussten gemeinsam mit Angehörigen des lettischen Hilfspolizeidienstes wenigstens 200 im Gefängnis eingesperrte Juden - Männer, Frauen, Jugendliche - zu dem genannten Exekutionsgelände führen. Dort hatten sich die gefangenen Juden mit dem Rücken zu der für die Erschiessung frisch ausgehobenen Grube ca. 50 m von ihr entfernt hinzusetzen, um so ihrer Erschiessung zu harren. Sie wurden dann in Gruppen von je 10 Mann zur Grube (ca. 2 x 20 x 2 m) geführt und dort kniend mit dem Gesicht zur Grube hin von Letten mit Karabinern durch Genickschuss erschossen. Die etwa 50 Angehörigen des EK 1b waren hier nur zum Absperrdienst eingeteilt. Geleitet wurde die Exekution von einem Kommandoangehörigen, der namentlich nicht mehr bekannt ist. Über E.s Anwesenheit konnten keine sicheren Feststellungen getroffen werden.

 

d. Schliesslich hat die Hauptverhandlung eine Judenexekution vom 9.7.1941 in Dünaburg feststellen lassen, deren zufälliger Zuschauer aus unmittelbarer Nähe vormittags zwischen 10.30 Uhr und 11.30 Uhr der Zeuge Kn. war, der sich als Angehöriger einer Luftwaffennachschubkolonne vorübergehend in Dünaburg aufhielt und das dort erlebte Geschehen in seinem Tagebuch eintrug. Die Exekution spielte sich hinter dem Postgebäude in Dünaburg ab. Sie wurde von einem SS-Untersturmführer des Einsatzkommandos 1b geleitet und von SS-Männern des Kommandos vollzogen, während etwa 7-8 Letten das Gelände abzusperren hatten. Hinter dem Postgebäude war eine Grube von 5 x 4 m frisch ausgehoben, an deren vier Ecken je 1 SS-Mann stand. Die zu erschiessenden Juden wurden jeweils in Gruppen aus dem Postgebäude, in dem sie solange verwahrt waren, zur Grube geführt, wo sie die vier Schützen erwarteten.

Bevor sie jedoch erschossen wurden, mussten sie ihre zuvor erschossenen Schicksalsgenossen, die in der Grube lagen, wie sie sterbend und tot hineingefallen waren, geordnet zurechtlegen und mit Erde zuschütten, um sodann selbst wieder vor die Grube zu treten, um sich stehend durch Genickschuss erschiessen zu lassen. Während der etwa einstündigen Beobachtungszeit des Zeugen Kn. wurden so wenigstens 50 Juden - Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder und Kleinkinder - erschossen. Der Zeuge Kn. hatte dann den Schauplatz der Exekution verlassen müssen, weil er von dem Exekutionsleiter dessen verwiesen worden war; die Exekution hatte jedoch noch nicht ihr