Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659b BGH 27.10.1969 JuNSV Bd.XXVI S.821

 

Lfd.Nr.659b    BGH    27.10.1969    JuNSV Bd.XXVI S.832

 

Persönlichkeit biete ebenfalls keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass er aus eigenem Antrieb mitgewirkt und die Tötungen zu seiner eigenen Sache gemacht habe.

 

Wenn das Schwurgericht angesichts dieser Ungewissheiten nicht die Überzeugung erlangt hat, dass bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Mittäterschaft gegeben sind, so kann das aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden.

 

II. Hinsichtlich des Angeklagten Streitwieser

 

Die Staatsanwaltschaft bemängelt die Freisprechung des Angeklagten Streitwieser von dem Vorwurf, im April 1945 im Konzentrationslager Mauthausen drei auf dem Appellplatz im Sterben liegende Häftlinge durch Tritte in das Genick vorsätzlich getötet zu haben (Anklage vom 10.Januar 1966, Bd.105 Bl.20748; UA S.809). Das Schwurgericht hat zwar den Vorfall als solchen festgestellt, sich jedoch auf Grund der Aussage des Zeugen Pet., des einzigen Tatzeugen, nicht davon überzeugen können, dass Streitwieser der Täter war. Die Staatsanwaltschaft hält die Würdigung dieser Aussage für rechtsfehlerhaft, weil sie auf der Auffassung beruhe, dass die Aussage nur eines Zeugen grundsätzlich nicht ausreiche, um den Angeklagten einer Tat zu überführen.

 

Ihr ist zuzugeben, dass es bedenklich wäre, wenn das Schwurgericht so verfahren wäre. Das ist jedoch nicht geschehen, obwohl die in der Beweiswürdigung unter Hinweis auf frühere Ausführungen hervorgehobenen Bedenken gegen den Wahrheitsgehalt von Einzelaussagen (UA S.811 f. in Verbindung mit S.614) hierfür sprechen könnten. Wie jedoch die daran anschliessenden Ausführungen ergeben, hat das Schwurgericht eine Personenverwechslung durch den Zeugen Pet. auch aus anderen Gründen für möglich gehalten, so vor allem deshalb, weil Pet. den Angeklagten trotz schlechter Beobachtungsmöglichkeiten sofort wiedererkannt haben will, obwohl er ihn fast acht Jahre nicht gesehen hatte. Hiergegen ist nichts einzuwenden.

 

§60 Abs.1 Satz 1 StGB n.F. schreibt die Anrechnung der Untersuchungshaft seit dem 31.Oktober 1967 unmittelbar vor. Zu einer Ausnahmeentscheidung nach §60 Abs.1 Satz 2 StGB n.F. besteht kein Anlass.