Justiz und NS-Verbrechen Bd.XL

Verfahren Nr.813 - 830 (1974 - 1976)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.830a LG Hamburg 09.03.1976 JuNSV Bd.XL S.823

 

Lfd.Nr.830a    LG Hamburg    09.03.1976    JuNSV Bd.XL S.824

 

Vom 6. bis zum 14.Lebensjahr besuchte er die Volksschule in Haddenhausen. Während dieser Zeit schloss er sich einer kirchlichen Jugendgruppe an. Nach der Schulentlassung im Jahre 1935 wurde der Angeklagte Eickhoff, der zunächst keine Lehrstelle gefunden hatte, als Aushilfe bei einem Schmiedemeister in Haddenhausen tätig. In dieser Zeit soll die evangelische Jugendgruppe, der er angehörte, geschlossen in die Hitlerjugend übernommen worden sein. Vom 1.April 1936 bis zum 31.März 1939 absolvierte der Angeklagte bei dem Holzwerk H.A. Scheidemann in Minden eine kaufmännische Lehre, die er erfolgreich abschloss. Anschliessend arbeitete er in dieser Firma noch kurze Zeit als kaufmännischer Angestellter.

 

Am 21.Oktober 1939 wurde er zur SS-Standarte "Germania" eingezogen. Er hatte sich mit mehreren Angehörigen der Hitlerjugend freiwillig gemeldet, weil ihm, wie er erklärt hat, die schwarze Uniform gefiel. Bis etwa Mitte Januar 1940 wurde er in Hamburg-Langenhorn zu einer militärischen Grundausbildung eingezogen. Von dort wurde er in einer SS-Polizeidivision am Westwall eingesetzt.

 

Nach dem Frankreich-Feldzug wurde er mit seiner Einheit an verschiedenen Orten in Frankreich zu Sicherungs- und Wachaufgaben herangezogen, zuletzt in Paris. Von dort aus wurde er im April 1941 für drei Monate zur Unterführerschule der Waffen-SS nach Radolfzell abkommandiert. Er wurde dort nach einer militärischen Ausbildung am 9.Juli 1941 zum SS-Unterscharführer befördert und zur SS-Division Nord versetzt. Bei Frontkämpfen in Karelien wurde er am 9.November 1941 schwer verwundet. Er erhielt einen Lungendurchschuss rechts, einen Handwurzeldurchschuss rechts und einen Schulterstreifschuss rechts. Nach einem Lazarett-Aufenthalt in Lübeck und anschliessendem Erholungs- und Genesungsurlaub gelangte er im April 1942 zum Ersatzbataillon seiner Division nach Wehlau in Ostpreussen. Von dort wurde er kurz danach im Mai 1942 zur Nachschubkommandantur der Waffen-SS und Polizei Russland-Mitte nach Bobruisk versetzt. Dort blieb er bis Juni 1943.

 

Anschliessend kam er nach Beresa-Kartuska und von dort zum Truppenübungsplatz Kurmark. Er geriet in Gefangenschaft und wurde daraus am 22.Juni 1946 entlassen. Bei der Entnazifizierung wurde er wegen seiner Zugehörigkeit zur Waffen-SS als Mitläufer eingestuft. Bereits im August 1947 trat er in die SPD ein. Dem Ortsverein Haddenhausen gehört er noch heute an. Als Mitglied der SPD-Fraktion gehörte er von 1961 bis zur Auflösung der Gemeinde Haddenhausen durch das "Bielefeld-Gesetz" Ende 1972 der Gemeindevertretung und seit 1966 dem für fünf Gemeinden zuständigen Schulverband an. Im Jahre 1951 trat er der Ortsgruppe Haddenhausen des VDK bei. Seit 1952/53 ist er deren Vorsitzender. Seit 1965 ist er ausserdem Mitglied des Verbandes für Leibesübungen in Haddenhausen.

 

Von Oktober 1946 bis Ende 1948 war er auf dem Gemeindebüro in Haddenhausen beschäftigt und bearbeitete die Ausgabe der Bewirtschaftungsmarken, die Wohnungssachen und die Durchführung der Währungsreform für den Ort. Anschliessend wurde er, teils als Handlungsgehilfe, teils als Provisionsvertreter, in verschiedenen Branchen der freien Wirtschaft tätig. Nach dem Unfalltod eines seiner Brüder im Jahre 1954 übernahm er dessen Milchtransport zur Molkerei. 1957 wurde er Angestellter der Molkerei Minden bis Ende 1960. Daneben blieb er als Provisionsvertreter tätig. Anschliessend machte er sich als ambulanter Milchhändler selbständig. Seine finanzielle Lage war jedoch gespannt, da er höhere Geschäftsschulden hatte. Bis zu seiner Festnahme in dieser Sache am 5.7.1973 entnahm er monatlich etwa DM 800,- bis 1.000,-. Nach Entlassung aus der Untersuchungshaft am 31.August 1973 konnte er seinen Milchhandel aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr fortführen. Seitdem war er Strassenfeger bei der Stadt Minden, musste diese Stellung jedoch mit Beginn der Hauptverhandlung auch aufgeben.

 

Der Angeklagte schloss im Jahre 1950 seine erste Ehe. Sie wurde im Juli 1955 geschieden. Aus der Ehe stammt ein jetzt erwachsener Sohn. Im Jahre 1962 schloss der Angeklagte Eickhoff seine zweite Ehe. Seine 1937 geborene Ehefrau brachte aus ihrer ersten Ehe einen