Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.819

 

Auch in diesen Fällen hat das Schwurgericht von der Milderungsmöglichkeit der §§211, 49 Abs.2, 44 StGB Gebrauch gemacht. Die Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände ergibt, dass für jeden Fall der Beihilfe eine Zuchthausstrafe von (8) acht Jahren angemessen ist.

 

Gesamtstrafe

 

Aus den verhängten Einzelstrafen war gemäss §74 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Da für zwei der Taten bereits je die höchste zeitliche Zuchthausstrafe von 15 Jahren verhängt worden ist, bewendet es gemäss §74 Abs.3 StGB bei einer Gesamtstrafe von (15) fünfzehn Jahren Zuchthaus.

 

2.) Der Angeklagte Streitwieser

 

a) Niederschlagen eines Bibelforschers im KL Mauthausen im Jahre 1939. (oben D II 1)

 

Der Angeklagte hat sich in diesem Fall der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. Es ist daher gem. §226 StGB gegen ihn auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängnis nicht unter 3 Jahren zu erkennen.

Bei der Strafzumessung hat das Gericht strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte in besonders gemeiner Weise und ohne jeden einsehbaren Anlass einen älteren, kranken Mann wuchtig gegen den Kopf geschlagen hat. In diesem Verhalten kommt eine derartige Missachtung der menschlichen Würde des Opfers und eine so brutale Gesinnung des Angeklagten zum Ausdruck, dass nur die Verhängung einer Zuchthausstrafe als gerechte Sühne in Betracht kommt. Es verbietet sich aus dem gleichen Grunde die Zubilligung mildernder Umstände gem. §228 StGB.

 

Unter Berücksichtigung der eingangs aufgeführten Strafmilderungsgründe und der Tatsache, dass der Angeklagte zur Tatzeit gerade erst 21 145 Jahre alt war, erschien jedoch das Mindestmass der Zuchthausstrafe in Höhe von (3) drei Jahren ausreichend und angemessen.

 

b) Hetzen des Hundes Hasso auf den Häftling Wessely in Wien-Floridsdorf im Herbst 1944 (oben Fall D II 3)

 

Auch in diesem Fall hat sich der Angeklagte einer Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht und war daher mit Zuchthaus nicht unter 3 Jahren oder Gefängnis nicht unter 3 Jahren zu bestrafen (§226 StGB).

Hier hat das Gericht erheblich strafschärfend die besondere Schwere der vom Angeklagten begangenen Körperverletzung bewertet. Er hat das Opfer durch einen scharfen Schäferhund mehrfach in Oberschenkel und Unterleibsgegend beissen lassen, obwohl er wusste, wie schwerwiegend und schmerzhaft solche Bisse waren. Weiter fiel strafschärfend ins Gewicht die besonders grobe Fahrlässigkeit des Angeklagten im Hinblick auf die Möglichkeit einer Todesfolge aufgrund der zugefügten Verletzungen. Die Gefahr einer Blutvergiftung bei Hundebissen liegt so nahe, dass das Nichtbedenken eines hierdurch leicht möglichen Todes, zumal in Anbetracht der schlechten medizinischen Betreuung in einem Konzentrationslager, ein besonders schweres Verschulden darstellt.

Strafschärfend fiel weiter ins Gewicht, dass der Fall Wessely kein Einzelfall war, sondern dass der Angeklagte mehrfach seinen scharfen Schäferhund auf Häftlinge gehetzt und sie hierdurch erheblich verletzt hat. Es kann nur als grosses Glück für die Opfer bezeichnet werden, dass nicht noch weitere Todesfälle als Folge solcher Bissverletzungen eingetreten

 

145 Richtig: 23.