Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701b BGH 17.08.1971 JuNSV Bd.XXXI S.795

 

Lfd.Nr.701b    BGH    17.08.1971    JuNSV Bd.XXXI S.796

 

Im übrigen wurde die Verhandlung, so lange Rechtsanwalt Sch. nicht anwesend war, entsprechend der vorher gegebenen Zusicherung des Vorsitzenden - mit Ausnahme der bereits angesetzten kommissarischen Vernehmung des Zeugen E. 437 in Karlsruhe - nur zu Themen fortgesetzt, die den Angeklagten nicht unmittelbar betroffen haben oder für ihn nur am Rande von Bedeutung waren.

Rechtsanwalt Ha., der sich ebenso wie der Angeklagte selbst mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, bat lediglich, dass sein Mandant bei der erwähnten Zeugenvernehmung zugegen sein möge. Das ist auch geschehen. Nach §224 Abs.1 StPO bedarf es der Anwesenheit des Verteidigers bei der kommissarischen Vernehmung eines Zeugen nicht. Es stellt somit keinen Verfahrensmangel dar, wenn Rechtsanwalt Ha. bei der Vernehmung des Zeugen E. in Karlsruhe bereits einige Minuten vor Schluss der Sitzung im Einverständnis mit den Richtern und auch des Angeklagten sich entfernte (um noch rechtzeitig einen bestimmten Zug für seine Rückfahrt zu erreichen, zumal zu diesem Zeitpunkt nur noch der letzte Abschnitt der bereits abgeschlossenen Aussage des Zeugen ins Protokoll zu diktieren war).

 

b) Unbegründet ist die Rüge, das Gericht habe gegen die Vorschrift des §265 Abs.4 StPO verstossen, weil es bei dem Ausfall des Rechtsanwalts Sch. die Hauptverhandlung nicht ausgesetzt habe. Der Beschwerdeführer trägt selbst nicht vor, dass er einen dahingehenden Antrag gestellt habe; das Gericht hatte im Hinblick auf die unter a) dargelegte Verfahrenssituation keine Veranlassung, die Verhandlung von Amts wegen auszusetzen.

 

c) Soweit die Revision eine Verletzung des §338 Nr.8 StPO behauptet, fehlt es bereits an der Mitteilung des gerichtlichen Beschlusses, durch den die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden sein soll.

 

2. Die Sachbeschwerde vermag nicht durchzudringen.

 

Der Schuldspruch hält in vollem Umfang einer rechtlichen Prüfung stand. Das gilt insbesondere auch für die von dem Beschwerdeführer insoweit allein beanstandete Feststellung des Schwurgerichts, dass er als Mordgehilfe anzusehen sei, weil er aus niedrigen Beweggründen gehandelt habe.

Was die Revision hierzu vorträgt, erschöpft sich in unzulässigen Angriffen auf die allein dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung. Sie ist frei von Widersprüchen sowie vereinbar mit den Grundsätzen der Lebenserfahrung und verstösst nicht gegen den Grundsatz, dass im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten zu entscheiden ist. Die vom Schwurgericht gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich; zwingend brauchen sie nicht zu sein (BGH NJW 1951, 325 Nr.26).

Auch die Strafzumessung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

 

Das Rechtsmittel des Angeklagten Soh. ist nach alledem mit den durch Art.95 Abs.3, 89 Abs.1 des 1.StrRG gebotenen Änderungen des Urteilssatzes zu verwerfen.

 

II. Die Revision des Angeklagten Zie.

 

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

 

a) Die Vorschriften der §§140, 141, 143 StPO sind nicht dadurch verletzt, dass die von dem Beschwerdeführer in dem Vorverfahren gestellten Anträge, den ihm als Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt Has. abzuberufen, abgelehnt worden sind.

 

437 Siehe Lfd.Nr.526.