Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701b BGH 17.08.1971 JuNSV Bd.XXXI S.795

 

Lfd.Nr.701b    BGH    17.08.1971    JuNSV Bd.XXXI S.795

 

1 StR 462/70

 

Im Namen des Volkes

 

 

In der Strafsache gegen

 

1. den Lagerarbeiter Hans Soh. aus Backnang, geboren am 15.September 1907 in

Illingen/Saar,

2. den Auslandskorrespondenten Fritz Zie. aus Hamburg-Volksdorf, geboren am 24.August 1902 in Schneidemühl,

 

wegen Beihilfe zum Mord.

 

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17.August 1971 für Recht erkannt:

 

Die Revisionen der Angeklagten Soh. und Zie. gegen das Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Stuttgart vom 13.März 1969 werden verworfen. Jedoch treten an die Stelle der verhängten Zuchthausstrafen jeweils Freiheitsstrafen von gleicher Dauer. Den Angeklagten ist für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit aberkannt, öffentliche Ämter zu bekleiden.

Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

 

GRÜNDE

 

Das Schwurgericht hat den Angeklagten Soh. wegen fortgesetzter Beihilfe zum Mord an mindestens 200 Menschen zu vier Jahren Zuchthaus und den Angeklagten Zie. wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 30 Menschen zu zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.

 

Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften und des sachlichen Rechts. Sie bleiben ohne Erfolg.

 

Rechtlich zutreffend ist der Tatrichter davon ausgegangen, dass die Verfolgung der hier in Rede stehenden Straftaten nicht verjährt ist (UA S.155 ff. 435).

 

I. Die Revision des Angeklagten Soh.

 

1. Die Verfahrensrügen gehen fehl.

 

a) Die Vorschrift des §140 Abs.1 Nr.1 StPO ist nicht verletzt worden, denn die Hauptverhandlung ist zu keinem Zeitpunkt ohne Mitwirkung des dem Angeklagten bestellten Pflichtverteidigers durchgeführt worden.

Rechtsanwalt Sch. konnte zwar infolge eines Unfalls vom 16.Januar 1969 (13.Sitzungstag) bis zum 6.Februar 1969 (17.Sitzungstag) nicht an der Verhandlung teilnehmen. Er ist jedoch während dieser Zeit mit ausdrücklich erklärtem Einverständnis des Angeklagten von Rechtsanwalt Ha., dem Verteidiger des Mitangeklagten Helfsgott 436, vertreten worden.

 

435 = Seite 772 f. dieses Bandes.

436 Siehe auch Lfd.Nr.606.