Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.786

 

ihn, den Zeugen, habe es sehr bewegt, dass er gebetet habe. Eigentlich sei Dr. Bresler von Hause aus kein religiöser Jude gewesen, und so habe er, der Zeuge, gedacht, dass ihm das Beten wohl helfen werde. Wenn er gefragt werde, ob er ihn bis zum Schluss der Lagerzeit gesehen habe, so wolle er davon jetzt nicht sprechen.

 

Am folgenden Vernehmungstag ist dann der Zeuge immer wieder der konkreten Frage, ob Dr. Bresler bis zum Aufstand gelebt habe, ausgewichen, hat gemeint, das sei 40 Jahre her und dieserhalb sei es zu schwierig, sich zu erinnern. Er wisse jedenfalls nicht, dass Bresler vor dem Aufstand schon getötet worden sei. Es habe zwar nicht unbedingt auffallen müssen, wenn er Monate, Wochen oder wenigstens Tage vor dem Aufstand gefehlt hätte, er könne sich aber nicht erinnern. Er sei in den letzten paar Tagen so aufgeregt im Lager gewesen, dass er es nicht mehr erinnere. Er gedenke auch nicht, welches Schicksal der Sohn Breslers erlitten habe; es könne sein, dass Dr. Bresler bis zum Aufstand gelebt habe. - Der Zeuge Men., der in früheren Vernehmungen nichts über das Schicksal Dr. Breslers bekundet hat, hat bestätigt, dass Dr. Bresler vor seiner Einlieferung nach Sobibor einige Zeit in Izbica gelebt habe.

 

Der Zeuge Bla., auf den die Kenntnisse über die Person Dr. Breslers im wesentlichen zurückgehen, hat in der jetzigen Hauptverhandlung zu dessen im Lager erlittenen Schicksal wenig Erhellendes beisteuern können. Ausser der bekannten und vom Gericht als zutreffend angesehenen äusseren Beschreibung Dr. Breslers hat er erklärt, jener sei als Zahnarzt herausgenommen und später erschossen worden. Sein Sohn Josef sei ein Freund von ihm, dem Zeugen, gewesen. Dr. Bresler solle kurz vor der Flucht erschossen worden sein, gesehen habe er das nicht. Demgegenüber habe sein Sohn bis zuletzt gelebt und ihm gesagt, Frenzel habe seinen Vater erschossen. Er könne sich an keinen Grund erinnern, glaube auf Vorhalt aber, dass es etwas mit Lebensmitteln zu tun gehabt habe, nicht so sehr mit Geld. Er erinnere sich allerdings, dass Dr. Bresler ein oder zwei Tage vor dem Aufstand noch gelebt habe. Nach seiner Erinnerung liege das Erschiessen Dr. Breslers nur sehr kurz auseinander mit dem Schlagen des Cuk.; so wie Dr. Bresler sei Bunio wohl auch kurz vor dem Aufstand getötet worden. Er habe erstmals 1965 in der Hauptverhandlung überhaupt über die Tötung Dr. Breslers gesprochen. Es sei zwar richtig, dass er in seinen vor jener Zeit abgegebenen Berichten und Aussagen vom Tod Dr. Breslers nichts erwähnt habe, obwohl er sehr ausführlich über Vater und Sohn Bresler aus der Zeit vor dem Lageraufstand berichtet habe. Auch zu Beginn der Lagerzeit sei er häufig mit ihnen zusammen gewesen. Richtig sei, dass er oft ausführlich auch von Menschen berichtet habe, mit denen er sehr viel weniger eng befreundet gewesen sei, doch sei es nach seiner früheren Auffassung für die Erzählungen nicht wichtig gewesen, über den Tod Dr. Breslers zu berichten. 1965 habe er wohl berichtet, dass bei dem Vater des Freundes Josef Bresler entweder Brot gefunden worden sei oder er welches gestohlen gehabt habe, jedenfalls, dass Frenzel ihn getötet habe. Auch damals habe er sich nicht erinnert, wann das gewesen sei. Es habe zu viele Fälle von Tötungen in Sobibor gegeben.

 

Bei der Vernehmung im Probationsverfahren habe er erklärt, dass Dr. Bresler als Arzt und als Zahnarzt für die Deutschen tätig gewesen und noch vor dem Aufstand von den Deutschen getötet worden sei; als sicheres Wissen habe er jedenfalls bekundet, dass er das Lager nicht überlebt habe, sondern schon vor dem Aufstand tot gewesen sei. Man habe gesagt, Dr. Bresler sei kurz vor dem Aufstand erschossen worden. Er erinnere sich nicht an mehr als das, was er in der damaligen Hauptverhandlung gesagt habe.

 

Der Zeuge Tho., dessen Aussage ebenso wie diejenige des Zeugen Bla. vom Schwurgericht 1966 herangezogen worden war, um die für widerspruchsfrei und überzeugend angesehene Aussage des Zeugen Chaim Eng. zu stützen, hat in der jetzigen Hauptverhandlung ausgesagt, dass er sich an Dr. Bresler, auch an seinen Sohn, besonders gut deswegen erinnere, weil er ihm den Hinweis zu verdanken gehabt habe, sich als Sanitäter zu melden. Er habe auch in