Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.76

 

VII.

 

Der Angeklagte Kl. ist Gärtnerssohn und wurde am 18.7.1912 in Altenwald/Saar geboren. Er besuchte die Volksschule und das Realgymnasium in Sulzbach/Saar, letzteres bis zur Primareife im Jahre 1930. Daran anschliessend wurde er Angestellter der Saarknappschaft Saarbrücken, bei der er bis zum 31.7.1937 mit Verwaltungsaufgaben betraut war. Am 1.8.1937 trat er als Kriminalangestellter in die Geheime Staatspolizei bei der Gestapoleitstelle Saarbrücken ein und legte am 3.8.1942 in Berlin die Polizeiinspektorenprüfung ab. Im Anschluss daran begann seine Tätigkeit beim Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Shitomir und ab Dezember 1942 in Kiew, wo er bis zur Räumung der Stadt verblieb. Im Wege der Dienstgradangleichung hatte er zunächst die Uniform eines SS-Untersturmführers erhalten. In die Zeit seiner Tätigkeit in Kiew fällt die ihm hier vorgeworfene strafbare Handlung. An beiden Orten war er in der Verwaltung tätig. Nach einem Kommissarlehrgang 1944 wurde er bis Kriegsende beim Reichssicherheitshauptamt Abt. V in Berlin, beim Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Köln und schliesslich bei einer Fallschirmjägerdivision verwendet, bis er im April 1945 in Nordrhein-Westfalen in Gefangenschaft geriet.

 

Aus der Gefangenschaft und anschliessenden Zivilinternierung wurde er im Januar 1948 entlassen. Durch die Spruchkammer Darmstadt wurde er am 30.10.1947 unter Auferlegung einer Geldbusse von 500.- RM in die Gruppe der Minderbelasteten eingestuft.

Im April 1956 wurde Kl. als Kriminalkommissar bei der Landeskriminalpolizei Saarbrücken wieder in den Kriminaldienst eingestellt. Bis dahin war er als Hilfsarbeiter, Vertreter und auch als kaufmännischer Angestellter bei zwei Firmen im Saarland tätig. Am 6.8.1957 wurde er mit Wirkung vom 1.10.1956 zum Kriminalrat befördert und war zuletzt Inspektionsleiter beim Landeskriminalamt Saarbrücken. Seine Vermögensverhältnisse sind geordnet.

Der Angeklagte Kl. trat am 1.6.1933 in die NSDAP ein und war bis Oktober 1935 Sportreferent der HJ und von Dezember 1936 bis August 1938 Blockleiter in Quierschied/Saar. Am 1.7.1942 trat er in die SS ein, legte im Juni 1942 die SS Führerprüfung ab und wurde am 20.4. bzw. 21.6.1943 zum SS Unter- bzw. SS-Obersturmführer befördert.

Der Angeklagte Kl. ist seit Juli 1948 in zweiter Ehe verheiratet. Seine erste Ehefrau, die er im Juli 1938 geheiratet hatte, war im April 1946 verstorben. Aus dieser Ehe sind 2 erwachsene Töchter vorhanden; die zweite Ehe blieb kinderlos.

Der Angeklagte Kl. ist nicht vorbestraft.

Er befand sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Karlsruhe vom 27.8.1959 vom 8.9.1959 bis zum 13.12.1961 in Untersuchungshaft in vorliegender Sache.

 

VIII.

 

Der Angeklagte P. wurde am 13.10.1907 in Aachen als Sohn des Regierungsobersekretärs Pi. geboren. Dort besuchte er auch die Volksschule. Aus der höheren Schule, die er sodann in Oppeln besuchte, wohin sein Vater versetzt worden war, schied er nach Abschluss der Tertia aus. Er wandte sich dann dem Schlosserhandwerk zu, betätigte sich jedoch später bis 1930 als Musiker, um dann schliesslich in die Dienste der Orts- und Landkrankenkasse Oppeln zu treten wo er 1936 Verwaltungsassistent wurde. Weil er dort jedoch keine weiteren Aufstiegsmöglichkeiten für sich sah, trat er am 1.12.1937 zur Polizei über, wo er es bei der Stapo-Leitstelle in Oppeln bei immer nur verwaltungsmässiger Tätigkeit bis zum Obersekretär brachte. Ende Januar 1943 wurde er mit dem Angleichungsdienstgrad eines SS-Untersturmführers zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD nach Kiew versetzt und auch dort wieder vorwiegend mit Verwaltungsaufgaben betraut. In diese Zeit fällt die ihm hier vorgeworfene strafbare Handlung.

Vom Rückzug der Dienststelle in Kiew aus wurde der Angeklagte P. im Februar 1944 nach Berlin beordert, um dort beim Reichssicherheitshauptamt über die Verwaltung der Dienststelle in Kiew abzurechnen; daran anschliessend war er nach vorübergehender Tätigkeit wieder in Oppeln bis Kriegsende bei Abteilung II im Reichssicherheitshauptamt