Justiz und NS-Verbrechen Bd.VIII

Verfahren Nr.260 - 297 (1950 - 1951)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.293b OLG Frankfurt/M. 25.07.1951 JuNSV Bd.VIII S.758

 

Lfd.Nr.293b    OLG Frankfurt/M.    25.07.1951    JuNSV Bd.VIII S.758

 

2 Ss 201/51

 

Im Namen des Volkes

 

 

Strafsache gegen T. u.A., hier nur noch gegen:

 

1. den früheren Oberstleutnant der Schutzpolizei T., geb. 13.10.1891 in Baumgarten/Oberschlesien, wohnhaft in Kassel,

2. den früheren Rev.-Hauptmann der Schutzpolizei Ha., geb. 2.7.1891 in Liebenau, Kreis Hofgeismar, wohnhaft in Kassel,

 

wegen Totschlags.

 

Auf die Revisionen des Angeschuldigten T. und der Staatsanwaltschaft, letztere nur hinsichtlich des Angeklagten Ha., gegen das Urteil des Schwurgerichts in Kassel vom 2.August 1950 218 hat der II. Strafsenat des Oberlandesgerichts in Frankfurt/Main in der Sitzung vom 25.Juli 1951 für Recht erkannt:

 

Das Urteil wird, soweit der Angeklagte T. verurteilt und der Angeklagte Ha. freigesprochen worden sind, aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Schwurgericht in Kassel zurückverwiesen.

 

 

GRÜNDE

 

Nach den Feststellungen des Schwurgerichts hat der Angeklagte T. in der Nacht zum 31.3.1945 als Kommandeur der Schutzpolizei in Kassel dem Angeklagten Ha., als dem Führer des Einsatzbataillons der Schutzpolizei den Befehl erteilt, fünf Ausländer (3 Franzosen, 1 Französin und 1 Polin), welche in den Verdacht geraten waren, in Kassel geplündert zu haben bezw. mit der Ermordung des Eisenbahnbeamten Lotze in Zusammenhang zu stehen, zu erschiessen. Der Angeklagte Ha. hat den Befehl an den (inzwischen rechtskräftig freigesprochenen) Angeklagten Ko. und dieser an die (ebenfalls bereits rechtskräftig freigesprochenen) Angeklagten Hi. und J. weitergegeben 219. Hi. hat die Ausländer erschossen.

 

Auf Grund dieses Sachverhaltes hat das Schwurgericht durch das angefochtene Urteil den Angeklagten T. wegen Totschlags zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt, den Angeklagten Ha. jedoch (im wesentlichen in Anwendung des §47 MilStGB) freigesprochen.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte T., soweit er verurteilt worden ist, und die Staatsanwalt insoweit Revision eingelegt, als der Angeklagte Ha. freigesprochen worden ist. Beide Revisionen nötigen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit dieses die Angeklagten T. und Ha. betrifft.

 

A. Revision des Angeklagten T.

 

1. Die von dem Angeklagten T. gegen das Urteil erhobenen formellen Rügen sind unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, dass das Schwurgericht seine Aufklärungspflicht gemäss §244 Abs.II StPO verletzt hätte und es trifft auch nicht zu, dass das Urteil gemäss §338 Ziff.7 StPO keine Entscheidungsgründe enthalten würde. Dem Fehlen der Entscheidungsgründe steht allerdings ihre Mangelhaftigkeit dann gleich, wenn dieselbe so erheblich ist, dass die Begründung des Urteils dadurch unverständlich wird (Löwe-Rosenberg

 

218 Siehe Lfd.Nr.229.

219 Siehe Lfd.Nr.229.