Justiz und NS-Verbrechen Bd.VIII

Verfahren Nr.260 - 297 (1950 - 1951)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.293a LG Kassel 12.10.1951 JuNSV Bd.VIII S.745

 

Lfd.Nr.293a    LG Kassel    12.10.1951    JuNSV Bd.VIII S.757

 

Vorwurf hätte darin begründet sein können, dass er sich die 5 festgenommenen Personen nicht angesehen und deshalb nicht gemeldet hatte, dass sich unter ihnen 2 Frauen befanden. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung wäre jedoch nur möglich, wenn sich feststellen liesse, dass bei Vornahme der unterlassenen Meldung der Befehl zur Erschiessung nicht auch für die beiden Frauen erteilt worden wäre und wenn den Angeklagten Ha. ein Verschulden an der Unterlassung der Meldung träfe. Schon die erste Voraussetzung ist recht zweifelhaft und lässt sich jedenfalls nicht sicher feststellen. Zudem kann dem Angeklagten Ha. aber auch die Unterlassung, die zum Unterbleiben der Meldung der Festnahme von 2 Frauen geführt hat, nicht als Fahrlässigkeit zugerechnet werden. Der Angeklagte konnte sich unter den obwaltenden Umständen auf die Meldung des ihm als zuverlässig bekannten Zeugen Ko. verlassen, der ihm gemeldet hatte, dass er 5 Personen festgenommen habe, von denen 3 Mörder und alle 5 Plünderer seien. Hinzu kommt, dass die Festnahme der 5 Ausländer unter aussergewöhnlichen Umständen erfolgt ist und deshalb an die Pflicht des Angeklagten Ha. zur Nachprüfung der Meldung ohnehin keine strengen Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Schwurgericht sieht mit Rücksicht auf die Kenntnis des Angeklagten Ha. von der dienstlichen Zuverlässigkeit des Zeugen Ko. in der ungeprüften Weitergabe von dessen Bericht keine Fahrlässigkeit.

 

Nach alledem war auch der Angeklagte Ha. freizusprechen.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§467, 473 StPO.