Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.701a LG Stuttgart 13.03.1969 JuNSV Bd.XXXI S.697

 

Lfd.Nr.701a    LG Stuttgart    13.03.1969    JuNSV Bd.XXXI S.754

 

darin einig, dass die dem Kommando zugeteilten 30-40 Häftlinge in Nikolajew abschliessend erschossen wurden.

 

Dabei erinnerte sich der Zeuge Löb. glaubhaft, dass die Erschiessung in Nikolajew durchgeführt wurde, bevor er an Weihnachten 1943 an Ruhr erkrankte. Da Löb. an der Erschiessung als Absperrposten beteiligt war, bietet ihm seine anschliessende Erkrankung eine überzeugende Gedächtnisstütze für die Tatzeit. Auch Ad. erwähnt in seinem Statement - dessen Inhalt sich im übrigen hinsichtlich der Zahl der Exekutionen und der verschiedenen Ortsangaben im Gebiet um Nikolajew durch die noch vorhandenen Beweismittel nicht mehr zuverlässig belegen lässt - eine ungefähr in die Mitte Dezember 1943 fallende Erschiessungsaktion gegen Arbeitshäftlinge im Raum Nikolajew. Mehr als eine sehr vage Bestätigung der Aussage Löb.s war darin freilich nicht zu erblicken. Jedoch fand Löb.s Angabe eine entscheidende Stütze darin, dass die Arbeiten in Nikolajew (Stadt) - auch den Einräumungen Zie.s zufolge - noch vor Weihnachten beendet waren, was von vornherein dafür spricht, dass deshalb auch die Erschiessung noch in die Vorweihnachtszeit fiel; denn sie hatte sich ja stets dem Arbeitsende anzuschliessen.

 

Des weiteren sind beim Teilkommando 1005 B noch ein zweites Mal Häftlinge getötet worden. Dies folgt vor allem aus den Angaben des Zeugen Ka. Er konnte sich zuverlässig daran erinnern, dass er an seinem Geburtstag - 12.1.1944 - mit einem Teil des Kommandos 1005 B in Woskresenskoje bei einer kleinen Enterdung als Posten eingesetzt war und dass die dort verwendeten 10-15 Gefangenen zuletzt erschossen worden sind. Ins Auge springt in diesem Zusammenhang, dass der Zeuge Fie. bei seiner Vernehmung in russischer Gefangenschaft angab, dass das Sonderkommando nach dem 20.1.1944 von Nikolajew verlegt worden sei, und dass Ad. in seinem Statement ebenfalls den 20.1.1944 als ungefähren Tag der Beendigung des Einsatzes im Raum Nikolajew sowie der letzten Erschiessung von Arbeitshäftlingen bezeichnet. Dass er das Geschehen an diesem Tag nach Wosnesensk statt Woskresenskoje legte, mag ein Versehen oder Erinnerungsfehler gewesen sein. Jedenfalls erschien den Beteiligten der 20.1.1944 als ein markantes abschliessendes Datum, das schon Ad. offensichtlich mit einer Erschiessung in Verbindung brachte. Danach trug das Gericht keine Bedenken mehr, der bestimmten Aussage des Zeugen Ka., dass nach seinem Geburtstag - 12.1.1944 - in Woskresenskoje die 10-15 Gefangenen erschossen worden sind, zu folgen.

 

Dabei muss betont werden, dass es im Raum Nikolajew wahrscheinlich nicht bei diesen 2 Erschiessungen von Häftlingen geblieben ist. Gleichwohl ging das Gericht zugunsten der Angeklagten Soh. und Zie. nur von diesen 2 Aktionen und ausserdem davon aus, dass die Gesamtzahl der vor Weihnachten 1943 in der Stadt Nikolajew und im Januar 1944 in Woskresenskoje von SD/SS-Leuten des Teilkommandos 1005 B getöteten Arbeitskräfte nicht über der schon für den Einsatz in der Stadt Nikolajew selbst genannten Zahl 30 liegt. Es wurde nicht verkannt, dass die Bekundungen der Zeugen Le., Löb., Ka., Ad. und vor allem Fie. an sich dafür sprechen, dass diese Zahl von Häftlingen schon nach Beendigung der Exhumierungen in Nikolajew selbst erschossen worden ist. Auch die übrigen Umstände machten es recht unwahrscheinlich, dass die in Woskresenskoje getöteten Opfer identisch mit einem Teil der in Nikolajew eingesetzten Häftlinge gewesen sein könnten, dass man also einen Teil der in Nikolajew eingesetzten Gefangenen nach Beendigung der Arbeit am dortigen Massengrab noch am Leben gelassen und später in Woskresenskoje nochmals zur Leichenausgrabung und -verbrennung herangezogen hätte. Das hätte schon der Grundsatzanweisung widersprochen, und hätte bedingt, dass die verschont gebliebenen Häftlinge zwischen Weihnachten und Neujahr, wo nach der auch von Zeugen bestätigten Einlassung des Angeklagten Zie. keine Grabarbeiten vorgenommen wurden, untätig gelegen hätten und als "Geheimnisträger" besonders streng zu bewachen gewesen wären. Davon ist jedoch keinem der Zeugen etwas bekannt. Da jedoch die Angaben der Zeugen Ka. und Löb. sowie das vom Zeugen Ad. abgegebene Statement bei der erforderlichen kritischen Würdigung trotz