Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.752

 

Gro. 138, Killermann und Klu. 139 und der SS-Hauptscharführer Dambach tätig. Der Angeklagte bekleidete damals den Rang eines SS-Ober- oder Hauptscharführers.

 

Über die Aufgabenverteilung unter den einzelnen Kommandoführern liessen sich sichere Feststellungen in der Hauptverhandlung nicht treffen.

 

Etwa Mitte März 1940 kam der spätere Lagerführer von Gusen, der Zeuge Chmielewski, nach Gusen und übernahm - ohne jedoch ständig anwesend zu sein - die weitere Leitung des Lageraufbaus. Am 26.3.1940 waren alsdann die ersten Häftlingsbaracken bezugsfertig. Von diesem Zeitpunkt an blieb das Aufbaukommando in diesen Baracken wohnen. Das Lager wurde von Chmielewski als Lagerführer übernommen. Streitwieser wurde unter ihm Rapportführer. Die Kommandoführer hatten im wesentlichen die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass die festgesetzten Arbeitsnormen erfüllt und die Häftlinge entsprechend zur Arbeit angetrieben wurden. Hierzu bedienten sie sich vornehmlich einer Anzahl von Häftlingsfunktionären (Kapos), die überwiegend willfährige Werkzeuge der SS waren.

Die Verhältnisse während des Aufbaus von Gusen waren - selbst verglichen mit den generell unmenschlichen Zuständen im Konzentrationslager - besonders grauenvoll. Zusätzlich zu den schweren Arbeiten mussten die Häftlinge noch den über eine Stunde dauernden Weg nach Gusen und zurück durch Schnee und Eis in schneller Gangart zurücklegen. An der Arbeitsstelle angekommen mussten sie trotz der strengen Kälte Mäntel, Ohrenschützer und Handschuhe in Reih und Glied ablegen. Sie durften sich dann während des ganzen Tages nicht an vorhandenen Feuern wärmen oder sich während der Mittagspause Feuer anmachen. Wer sich einem Feuer näherte, wurde mit Schreien und Schläge wieder davongejagt. Häftlinge, die sich Zementtüten unter die Kleidung gesteckt hatten, um sich vor dem schneidenden Wind zu schützen, mussten diese wieder ablegen, wenn sie entdeckt wurden.

 

Während der Arbeit selbst wurden die Häftlinge ständig durch SS-Leute und Kapos angetrieben. Schläge mit den Fäusten und mit Knüppeln waren an der Tagesordnung. Insbesondere an dieser Antreiberei beteiligte sich auch der Angeklagte Streitwieser. Wer infolge der Kälte oder vor Erschöpfung zusammenbrach und trotz Prügel nicht mehr weiterarbeiten konnte, wurde einfach auf der Erde liegen gelassen und fand dort vielfach bei der herrschenden Kälte den Erfrierungstod. So kam es, dass das Aufbaukommando fast täglich mehrere Tote hatte. Ihre Gesamtzahl, die sicher über Hundert beträgt, lässt sich nicht sicher feststellen.

Die toten und zusammengebrochenen Häftlinge wurden abends mit nach Mauthausen genommen, zunächst wohl auf selbstgefertigten Schlitten, später auch auf dem LKW, der mittags die Verpflegung nach Gusen brachte.

 

Der Angeklagte bestreitet den Vorwurf, als Kommandoführer beim Aufbau von Gusen mitverantwortlich für den Tod zahlreicher Häftlinge gewesen zu sein.

 

Er lässt sich dazu wie folgt ein: Der Aufbau von Gusen habe Anfang 1940 unter seiner alleiniger Kommandogewalt mit einem ganz kleinen Arbeitskommando von etwa 20 Häftlingen begonnen. Dieses Kommando habe sich vorwiegend mit dem Abstecken der späteren Baulichkeiten befasst. Im Verlauf des Monats Februar habe sich das Kommando dann auf 250 und im März auf 400 Häftlinge erhöht. Zu dieser Zeit seien aber ausser ihm noch 5 weitere Arbeitskommandoführer in Gusen tätig gewesen, nämlich die SS-Unterführer Dambach, Kirchner, Killermann, Gro. und Klu., von denen Dambach der ranghöchste gewesen sei. Bereits Anfang Februar sei auch schon der Zeuge Chmielewski nach Gusen

 

138 Siehe Lfd.Nr.692.

139 Siehe Lfd.Nr.692.