Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701a LG Stuttgart 13.03.1969 JuNSV Bd.XXXI S.697

 

Lfd.Nr.701a    LG Stuttgart    13.03.1969    JuNSV Bd.XXXI S.742

 

Seine weitere Beteiligung ist zwar sehr wahrscheinlich; insbesondere bei der aufgrund der Aussagen der Zeugen Han., Kat. und Wro. hinreichend sicher erwiesenen Enterdung in Uman. Der sichere Nachweis lässt sich jedoch nicht führen, zumal sich die Angaben des (verstorbenen) Zeugen Han., soweit sie die Anwesenheit des Angeklagten in Uman betreffen, widersprechen. Ob bis Februar 1944 noch sonstige Einsätze - z.B. nach gewissen Anhaltspunkten bei Lemberg und in Wosnesensk - auf Betreiben oder unter Mitwirkung des Angeklagten Soh. stattfanden, blieb nach dem Beweisergebnis in der Hauptverhandlung zweifelhaft. Nach den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen Kat., Wro. und Pa. wurde die in der Anklageschrift aufgeführte Aktion in Kamenez-Podolsk erst nach dem Erholungsurlaub der Kommandoangehörigen durchgeführt. Zu dieser Zeit war der Angeklagte aber wegen einer schweren Ruhrerkrankung aufgrund einer Verfügung des RSHA vom 18.3.1944 bereits in die Heimat zurückversetzt worden (Blatt 21a der DC-Unterlagen).

 

b) Soweit sich der Angeklagte Soh. jedoch mit seiner weiteren Einlassung im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen befindet, ist er durch die erhobenen Beweise eindeutig überführt.

 

Zunächst ist seine Behauptung, er sei dem Leiter der Abteilung IV beim BdS unterstellt gewesen und habe, wenn Blobel ortsabwesend war, jeweils nur auf die bindenden Weisungen dieses Vorgesetzten gehandelt, widerlegt. Dieser Umstand wäre für die Verteidigung des Angeklagten so bedeutsam gewesen, dass er ihn, wäre es seinerzeit wirklich so gewesen, kaum erstmals in der Hauptverhandlung erwähnt hätte, in der er sich dazuhin noch unfähig zeigte, den Namen des angeblichen ehemaligen Vorgesetzten zu benennen. Seine Erklärung, das Unterstellungsverhältnis sei ihm - trotz der vorausgegangenen Vernehmungen - erst wieder eingefallen, nachdem er im Besitz der Anklageschrift gewesen sei (HV-Prot. S.229), vermochte daher um so weniger zu überzeugen, als Soh., was er dem Gericht mit zahlreichen Beispielen bewiesen hat, noch über eine ganz ausgezeichnete Erinnerung an die seinerzeitigen Vorgänge und die Namen der in sie verstrickten Personen verfügt, soweit er mit diesen Personen unmittelbar dienstlich zu tun gehabt hat. Dass das vom Angeklagten behauptete Unterstellungsverhältnis nicht der Wahrheit entspricht, zeigte weiter die Reaktion des Angeklagten Zie. Obwohl es Zie. - wie sich während der gesamten Hauptverhandlung beobachten liess - grundsätzlich und wohlüberlegt vermied, Soh. in einer über seine eigenen Verteidigungsinteressen hinausgehenden Weise zu belasten, liess er ihn hier im Stich. Er zeigte sich ehrlich erstaunt und überrascht, dass zwischen Blobel und Soh. eine weitere Befehlsinstanz eingeschaltet gewesen sein soll, und bekannte, davon nie etwas gehört zu haben.

 

Auch den Zeugen Go., damals Leiter der Abteilungen I und II beim BdS in Kiew, und Be., seinerzeit Leiter der Abteilung III beim BdS in Kiew, wurde glaubhaft nichts davon bekannt, dass die Dienststelle IV bzw. deren Leiter bei der Aktion 1005 mitzureden gehabt hätte. Beiden Zeugen erscheint dies auch unwahrscheinlich. Hinzu kamen die insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen E. 421, Heg., Ka., Löb. und vor allem auch des Zeugen Dr. Hei. (des Verteidigers Blobels vor dem Militärgerichtshof in Nürnberg), aus denen mit Gewissheit zu folgern war, dass die "Aktion 1005" von Blobel in direkter Verantwortlichkeit gegenüber dem RSHA unter Ausschaltung jeder Befehlskompetenz irgendwelcher sonstiger Dienststellen, insbesondere etwa denen der BdS oder der KdS, durchgeführt wurde. Ein wichtiger objektiver Hinweis war in dieser Hinsicht in der von eingeweihten Beteiligten als geradezu "unmöglich" bezeichneten Vollmacht - so E. im Hinblick auf die überaus weiten Befugnisse, die aus der Vollmacht hervorgingen - zu finden, die Blobel zumindest vom RSHA, nach der Auffassung Soh. sogar unmittelbar von Himmler erhalten hatte. Auch Dr. Hei. war sich

 

421 Siehe Lfd.Nr.526.