Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.741

 

gewesen, als man am 16. und 17.Februar 1945 in der Nähe der Waschhausbaracke die Häftlinge die Qual der aufeinanderfolgenden Duschen und die Trocknung bei Mondschein erleiden liess. Dieser Zeuge war damals als Häftling im Konzentrationslager Mauthausen. Aus seiner Aussage lässt sich indessen nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob er den hier in Frage stehenden Transport oder einen anderen beobachtet hat. Seine Aussage in dem Protokoll geht nicht über die oben wiedergegebenen Angaben hinaus. Zwar nennt der Zeuge das Datum, den 16. oder 17.Februar 1945. Es lässt sich aber nicht ausschliessen, dass er nach der langen Zeit insoweit einem Irrtum unterlegen ist. Es kann sein, dass er einen bestimmten Vorfall in Erinnerung hat und diesen wegen seiner Ähnlichkeit irrtümlich für den gleichen hält, nach dem er bei seiner Vernehmung gefragt worden ist.

 

Auch der Zeuge Bäh., der inzwischen verstorben und dessen am 6.März 1959 vor der Polizei abgegebene Aussage in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, hat ausgesagt, Schul. sei bei der Ankunft eines Transportes im Februar 1945 zugegen gewesen. Er, der Zeuge, wisse, dass anschliessend die Lagerfeuerwehr gerufen worden sei. Am nächsten Morgen habe er gehört, dass die Häftlinge aus Feuerwehrschläuchen mit Wasser bespritzt worden seien und dadurch der grösste Teil der Häftlinge gestorben sei.

Auch diese Aussage gestattet keine zuverlässige Feststellung über eine Beteiligung Schul.s. Es kann aus ihr nicht mit Sicherheit entnommen werden, ob der Zeuge den hier in Rede stehenden Vorfall meint und zusammenhängend schildert, oder ob er möglicherweise einen anderen Vorfall schildert oder mehrere Vorfälle durcheinander wirft. Die Aussage dieses Zeugen musste ebenso wie diejenige des vorgenannten Zeugen Dr. Fic. mit besonderer Vorsicht gewürdigt werden, weil sich in beiden Fällen das Schwurgericht keinen persönlichen Eindruck von den Zeugen verschaffen konnte. Bei Bäh. kommt hinzu, dass seine persönliche Zuverlässigkeit nicht sicher ist. Er war in Mauthausen Blockältester, trug den grünen Winkel der sogenannten Berufsverbrecher, ist auch nach dem Kriege bestraft worden und u.a. längere Zeit in Haft gewesen, weil er in einem amerikanischen Verfahren wegen Misshandlung und Tötung von Mithäftlingen verurteilt worden war.

 

Auch die Zeugen Bee. und Schme. vermochten dem Schwurgericht durch ihre Aussagen keine zuverlässige Überzeugung von der Beteiligung Schul.s an der Tötung der Häftlinge zu vermitteln. Beide haben zwar den hier in Rede stehenden Vorgang geschildert und ausgesagt, Schul. sei zugegen gewesen. Sie haben jedoch einschränkend hinzugefügt, Schul. sei bei solchen Gelegenheiten ja immer zugegen gewesen. Einer solchen Einschränkung muss hinsichtlich der Möglichkeit eines Irrtums der Zeugen hier umso grössere Bedeutung beigemessen werden, als es sich nicht um einen besonders herausgehobenen einzelnen Vorgang handelte, sondern um Geschehnisse, bei der eine grosse Zahl von Menschen zugegen war, bei denen wahrscheinlich ein ziemliches Durcheinander herrschte und bei denen Schul. jedenfalls auch nach der Aussage dieser Zeugen keine besonders hervorgehobene Rolle spielte. Es lässt sich nicht ausschliessen, dass diese Zeugen Schul. bei einzelnen oder mehreren der grossen Transporte gesehen haben, dass sie daraus geschlossen haben, es gehöre zu seinen Funktionen, bei der Ankunft solcher Transporte zugegen zu sein, und dass sie deshalb irrtümlich glauben, ihn auch bei dem einen Transport, der hier in Rede steht, und der sich ihnen wegen der anschliessenden Tötung der Häftlinge durch bespritzen mit kaltem Wasser besonders eingeprägt hat, gesehen zu haben.

 

Auch durch die Aussage des Zeugen Kan., die in der Hauptverhandlung verlesen wurde, weil der Zeuge inzwischen verstorben ist, wird der Angeklagte Schul. hinsichtlich des hier erörterten Vorfalls belastet. Kan. hat ausgesagt, im Winter 1945 sei ein grosser Transport von Häftlingen aus Sachsenhausen gekommen. Es habe sich um mehrere Tausend Häftlinge gehandelt. Diese Häftlinge hätten sich nackt ausziehen müssen, seien dann ins Bad geführt worden und hätten draussen in der Kälte, nur mit einer Unterhose bekleidet, viele Stunden lang stehen müssen. Er habe selbst gesehen, wie Schul. durch die Reihen der frierenden Häftlinge gegangen sei und einzelne angeschnauzt habe, weil sie nicht stramm gestanden