Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.735

 

Angesichts dieses Beweisergebnisses lässt sich lediglich feststellen, dass Schul. sich einer gefährlichen Körperverletzung, nämlich durch die von mehreren gemeinschaftlich begangene Misshandlung des Häftlings, schuldig gemacht hat (§223 a StGB). Die Verfolgung dieser Straftat ist jedoch nach §67 StGB verjährt. Der Angeklagte war daher in diesem Fall freizusprechen.

 

15.) Tötung von mindestens 400 holländischen Juden im Jahre 1941

(Fall D I 8 der Anklage)

 

In den Jahren 1941 und 1942 wurden von der nationalsozialistischen Führung in den besetzten niederländischen Gebieten die Massnahmen zum Abtransport der holländischen Juden nach den Vernichtungslagern im Osten vorbereitet und durchgeführt. Zu Beginn dieser Massnahmen, im Jahre 1941, kam es zum Abtransport einer grösseren Zahl holländischer Juden ins Konzentrationslager Mauthausen, wo die meisten dieser Juden getötet wurden.

 

Der höhere SS- und Polizeiführer für die besetzten niederländischen Gebiete, Rauter, benutzte einen Vorwand, um eine grössere Zahl holländischer Juden ins Konzentrationslager verbringen zu lassen. Am 19.Februar 1941 wurde in Amsterdam angeblich ein Überfall auf eine deutsche Polizeipatrouille verübt. Rauter liess daraufhin 427 holländische Juden verhaften und ins Konzentrationslager Buchenwald bringen. Er machte diese Massnahme durch eine öffentliche Proklamation vom 25.Februar 1941 bekannt, welche auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

 

"Der Generalkommissar für öffentliche Sicherheit,

Höherer SS- und Polizeiführer, Brigadeführer Rauter

 

Während die bestialische Ermordung eines holländischen Nationalsozialisten im jüdischen Viertel noch in jedermanns Erinnerung ist, wurde nun eine deutsche Patrouille der Sicherheitspolizei in einer Weise angegriffen, die mehr als verbrecherisch ist. Während der Nacht vom Mittwoch, den 19.Februar, auf Donnerstag wurde eine Patrouille der deutschen Sicherheitspolizei, als sie einen jüdischen Saal betrat, in welchem eine geheime Sitzung im jüdischen Emigrantenviertel im Van Woustraat in Amsterdam abgehalten wurde, mit einer ätzenden und giftigen Flüssigkeit bespritzt. Gleichzeitig wurde von den jüdischen Verbrechern auf die deutschen Polizeibeamten geschossen. Infolge des sofortigen Einschreitens der ihnen folgenden Polizeibeamten, wurden einige der Verbrecher festgenommen, während die meisten in der Dunkelheit entkamen.

 

Aus diesem Grunde hat der Generalkommissar für die öffentliche Sicherheit, der Höhere SS- und Polizeiführer, die folgende Straf- und Vergeltungsmassnahme befohlen: 400 Juden im Alter von 20 bis 35 Jahren werden festgenommen und in ein deutsches Konzentrationslager überführt. Der Generalkommissar für die öffentliche Sicherheit, der Höhere SS- und Polizeiführer macht darauf aufmerksam, dass dies eine von den deutschen Besatzungsbehörden angeordnete Vergeltungsmassnahme ist."

 

Diese holländischen Juden, die sich bereits am 3.März 1941 im Konzentrationslager Buchenwald befanden, blieben dort bis zum 9.Juni 1941. Ihre Zahl verringerte sich bis zu diesem Tage, wahrscheinlich durch Todesfälle, bis auf 350. Anschliessend wurden die Häftlinge ins Konzentrationslager Mauthausen überführt, wo sich am 16.Juni 1941, nachdem sich die Anzahl um weitere zwei verringert hatte, 348 holländische Juden aus der erwähnten Verhaftungsaktion befanden.