Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.731

 

die Strafverfolgung dieses Vergehens gem. §67 StGB in fünf Jahren verjährt. Diese Tat war also im Jahre 1955, als die Ermittlungen gegen den Angeklagten begannen, in jedem Fall verjährt.

 

Der Angeklagte war daher wegen dieses Tatvorwurfes freizusprechen. Eine Einstellung gem. §260 Abs.3 StPO kam nicht in Betracht, da Gegenstand der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses nicht die damals bereits verjährte gefährliche Körperverletzung, sondern der Vorwurf des versuchten Mordes, der nicht bestätigt werden konnte, ist.

 

12.) u. 13.) Erschiessung von zwei polnischen Häftlingen in der Nähe des Steinbruchs im Herbst 1942

(Fall D I 2 und 3 der Anklage)

 

Dem Angeklagten Schul. wird weiterhin zur Last gelegt, im Herbst 1942 in der Nähe des Steinbruchs Wiener-Graben die Erschiessung von zwei polnischen Häftlingen veranlasst zu haben. Der Vorfall soll sich nach dem Eröffnungsbeschluss wie folgt zugetragen haben:

 

Der tschechische Zeuge Josef Cuh. soll damals Angehöriger der Strafkompanie gewesen sein und dazu abkommandiert, aus dem Steinbruch Wiener-Graben Steine ins Lager zu tragen. Der Zeuge habe sich mit zwei polnischen Häftlingen angefreundet. An einem Morgen im Herbst 1943 gegen 11.00 Uhr, als die Häftlinge der Strafkompanie mit Steinen beladen die Treppe aus dem Steinbruch gestiegen seien, habe am oberen Ende der Treppe auf der rechten Seite der Angeklagte Schul. gestanden. Nachdem die Häftlinge an dem Angeklagten vorbeimarschiert seien, habe der Angeklagte den am Schluss der Kolonne gehenden Kommandoführer angesprochen und ihn angewiesen, die beiden polnischen Häftlinge zu töten. Der Kapo und der Kommandoführer hätten daraufhin diese beiden Häftlinge in die Nähe des Wachturms auf einen als Begrenzung dienenden niedrigen Draht hingetrieben. Dort seien die Häftlinge von dem Posten auf dem Wachturm erschossen worden. Schul. sei stehen geblieben und habe dem Geschehen zugeschaut. Anschliessend seien der Kommandoführer und der Kapo zu den übrigen Häftlingen der Strafkompanie gegangen. Die Häftlinge hätten ihre Steine wieder aufgenommen und seien ins Lager marschiert. Der Angeklagte sei ihnen langsam gefolgt.

 

Dieser Tatvorwurf konnte in der Hauptverhandlung nicht nachgewiesen werden. Der Angeklagte bestreitet die Tat und behauptet, er habe während seiner gesamten Tätigkeit im Konzentrationslager Mauthausen weder einem Kapo noch einem SS-Angehörigen den Befehl gegeben, Häftlinge zu erschiessen.

 

Einziger Augenzeuge für den Tathergang war der tschechische Zeuge Cuh. Dieser Zeuge konnte den Vorfall jedoch nicht mehr mit einer für die Verurteilung ausreichenden Sicherheit bestätigen. Der Zeuge hat ausgesagt, der Angeklagte Schul. habe an der Treppe zum Steinbruch gestanden. Der Führer des Arbeitskommandos, zu dem auch der Zeuge gehört habe, habe mit Schul. gesprochen, als er diesen erreicht habe. Nach dem Gespräch habe der Kommandoführer die beiden polnischen Häftlinge herausgerufen. Die Kolonne sei weiter marschiert. Plötzlich habe er, der Zeuge, Schüsse gehört, habe sich umgedreht und die beiden Häftlinge am Boden liegen gesehen. Er habe sofort anschliessend wieder auf den Angeklagten Schul. geblickt und gesehen, wie dieser seine Pistole aus der Tasche gezogen hatte und gerade über den Lauf bliess und die Waffe dann einsteckte. Daraus habe er, der Zeuge, die Überzeugung gewonnen, dass Schul. die beiden Häftlinge erschossen hatte. Er halte es für ausgeschlossen, dass die Häftlinge von den Posten auf dem Wachturm erschossen worden seien.

 

Der Zeuge hatte jedoch früher eine andere Darstellung des Vorfalls gegeben, die im wesentlichen mit dem Tathergang, wie ihn die Anklage und der Eröffnungsbeschluss