Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.73

 

Dr. Schumacher ist nicht vorbestraft.

Er befand sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Karlsruhe vom 27.8.1959 vom 4.9.1959 bis zum 13.12.1961 in Untersuchungshaft in vorliegender Sache.

 

III.

 

Der Angeklagte Reinhold Max Brünnert wurde am 26.4.1915 als Sohn eines Gärtners in Langenlohe Kreis Pinneberg geboren. Durch den mehrfachen Ortswechsel seiner Eltern bedingt, besuchte er die Schulen verschiedener Orte: Die Volksschule in Stadtilm und Themar, in letzterem Ort auch die Mittelschule, und das Realgymnasium in Pössneck/Thüringen. Das Gymnasium musste er jedoch vorzeitig wegen der Arbeitslosigkeit seines Vaters nach Abschluss der Untertertia 1930 verlassen. Er wandte sich deshalb einer kaufmännischen Lehre zu und war daran anschliessend bis Sommer 1934 als Handlungsgehilfe tätig. In dieser Zeit entflammte seine Begeisterung für das sog. Dritte Reich. Am 1.6.1933 war er in die HJ eingetreten und alsbald Adjutant des Unterbannführers geworden. Er gab seine Handlungsgehilfentätigkeit auf, um am 1.8.1934 als Freiwilliger in die Leibstandarte SS Adolf Hitler einzutreten. Er trat im selben Jahre aus der Kirche aus und am 1.3.1935 in die NSDAP ein. Im Jahre 1956 hat er seinen Wiedereintritt in die evangelische Kirche erklärt. Nach 4jähriger Dienstzeit wurde Brünnert am 31.10.1938 als SS-Oberscharführer aus der Leibstandarte entlassen und zum SD Hauptamt überwiesen, wo er bereits seit 1.7.1938 in der Personalabteilung I beim Amtschef I Dienst getan hatte. Bei Beginn des Polenfeldzuges wurde er einem Einsatzkommando überstellt, das sodann in der Dienststelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD von Warschau aufging. Dort tat er Dienst bei der Abteilung III, die der Angeklagte E. als SS-Obersturmbannführer leitete. Mit ihm war er seither freundschaftlich verbunden. Auf dessen Vorschlag wurde er dann auch am 20.4.1940 zum SS-Untersturmführer befördert.

 

Im März 1940 ging Brünnert zur Leibstandarte SS Adolf Hitler zurück und kam dann auf eigenen Wunsch mit einer Propagandakompanie der Waffen-SS zum Fronteinsatz. Als SS-Unter- und dann Oberscharführer war er in Frankreich, Rumänien, Norwegen und Russland im Einsatz, bis er im Frühjahr 1942 das Angebot E.s, der bereits Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Kiew war, als sein Adjutant nach Kiew zu kommen, annahm. Dass sich die Dienststellen des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD mit der Ausrottung der Juden beschäftigten, war Brünnert schon zu diesem Zeitpunkt hinreichend bekannt. Er blieb bis März 1943 als Adjutant und Untersturmführer in Kiew und wurde dann zu der dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD von Kiew unterstehenden Aussenstelle nach Uman versetzt, die er bis zu ihrer Auflösung leitete. In diese Zeit seiner Tätigkeit in Kiew und in Uman fällt die ihm vorgeworfene strafbare Handlung.

Anfang 1944 wechselte er wieder zu einer SS-Propagandakompanie über, mit der er in Italien und Frankreich im Einsatz war, wo er im Herbst 1944 in amerikanische Gefangenschaft geriet und nach England verbracht wurde. Dort erlebte er, teilweise in einem Sonderlager für SS Angehörige, bis zu seiner Überstellung in ein deutsches Internierungslager im Februar 1948 besonders harte und entbehrungsreiche Jahre der Kriegsgefangenschaft. Am 15.5.1948 wurde er sodann aus dem Internierungslager entlassen. Das Spruchgericht Bielefeld bestrafte ihn durch Urteil vom 12.1.1948 wegen seiner Zugehörigkeit zur SS und zum SD zu einem Jahr Gefängnis und erachtete die erkannte Strafe durch die zuvor nach dem 8.5.1945 erlittene Haft als verbüsst. In diesem Verfahren hatte Brünnert seine Tätigkeit in Kiew und Uman, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, verschwiegen.

 

Nach seiner Entlassung aus dem Internierungslager stellte sich Brünnert dem Ruhrbergbau zur Verfügung und arbeitete im Untertagebau. Er wollte damit unter Beweis stellen, dass er bereit war, durch härteste Arbeit wiedergutzumachen und zum Wiederaufbau beizutragen. Im Verfolge dieser Arbeit verlor er durch einen Unfall im Juli 1949 sein linkes Bein. Das machte ihn für den Untertagebau unfähig. Er konnte jedoch bei dem Bergwerksbetrieb verbleiben und wurde seither als kaufmännischer Angestellter