Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701a LG Stuttgart 13.03.1969 JuNSV Bd.XXXI S.697

 

Lfd.Nr.701a    LG Stuttgart    13.03.1969    JuNSV Bd.XXXI S.720

 

zur Erstellung der Scheiterhaufen benötigten Stahlträger geliefert wurden, dass genügend Stacheldraht - vor allem zur Sicherung der Häftlingsunterkünfte - vorhanden war, bis hin zur Lieferung ausreichender Mengen von Kalium-Permanganat zur Desinfektion. Er verhandelte weiter mit dem Leiter der Finanzabteilung beim Reichskommissar für die Ukraine in Rowno über die Bereitstellung von Mitteln zur Finanzierung der zusätzlichen Verpflegung für die Kommandoangehörigen. Soh. war es auch, der die Ketten zur Fesselung der an der "Baustelle" arbeitenden Häftlinge beschaffte. Dabei kostete es ihn "ausserordentliche Mühe" (HV-Prot. S.248), einen geeigneten Fabrikbetrieb in Dnjepropetrowsk ausfindig zu machen, der die Ketten kurzfristig herstellen konnte. Doch Soh. setzte sich für diese Sache energisch und schliesslich auch erfolgreich ein, weil er der Vereitelung jeder Fluchtmöglichkeit für die Gefangenen ausschlaggebende Bedeutung beimass; denn darin sah er die einzige Gewähr dafür, dass keiner der Häftlinge seinem Todesschicksal entrinnen und das Geheimnis lüften konnte.

 

Während und auch schon eine gewisse Zeit vor der in Babij-Yar laufenden Aktion hielt Soh. im übrigen ständig Kontakt mit Blobel und dessen Adjutanten Harder. Mit ihnen führte er eine ganze Anzahl gemeinsamer Besprechungen. Blobel war zwar nur in den ersten Tagen des Einsatzes ununterbrochen in Kiew anwesend. Er stellte sich mit seinen schon gesammelten praktischen Erfahrungen zur Verfügung, bis der erste Scheiterhaufen brannte. Danach verliess er Kiew, um an anderer Stelle seinem Auftrag als Leiter der Aktion 1005 für das gesamte Ostgebiet nachzukommen. Wegen seines besonderen Interesses an der Verwischung der Spuren seiner eigenen Untaten kehrte er aber verschiedentlich, wenn auch immer nur für ein paar Tage, zurück. Soweit Soh. nicht seinerseits dienstlich unterwegs war - er hatte in seiner Funktion unter anderem in Krakau, Rowno, Lemberg, Saporoshje und bei der Aufstellung des Teilkommandos 1005 B wiederholt in Dnjepropetrowsk zu tun -, traf er mit Blobel verhältnismässig häufig zusammen. Obwohl ihr persönliches Verhältnis nicht besonders gut gewesen zu sein scheint, wohnten sie dann beide im Quartier des BdS und führten zahlreiche Besprechungen, die sich mit dem "Fortschritt der Arbeiten" (Soh.: HV-Prot. S.238) befassten. Auf der "Baustelle" selbst war Blobel häufiger zu sehen als Soh. Doch tauchte auch der Angeklagte dort mehrere Male auf. Er war allerdings von der Arbeit an den Gräbern selbst stark abgelenkt, da er sich bis in den September 1943 hinein auch der Aufstellung des Sonderkommandos 1005 B widmen musste.

 

Ferner oblag es Soh. während seiner Anwesenheit in Kiew, täglich Kontakt zu dem Stab der dort liegenden Wehrmachtsdivision zu halten, um über die militärische Entwicklung auf dem laufenden zu bleiben und den Fortgang der Enterdungen danach auszurichten. Zuletzt räumte die Wehrmacht bereits das gegenüberliegende Dnjepr-Ufer, als die Enterdungen in Babij-Yar noch im Gange waren. Die Wehrmacht beanstandete die durch die Leichenverbrennung entstehende gewaltige Rauchentwicklung - zuerst war sogar einmal die Feuerwehr angerückt - und die Belästigung durch den bei entsprechender Windrichtung in der ganzen Stadt bemerkbaren unerträglichen Gestank. Von hier wurde der Angeklagte immer wieder zur Eile gedrängt, weil sich nicht voraussehen liess, wie lange Kiew noch gehalten werden konnte, und weil die Truppe "diese üble Schweinerei in ihrem Rücken" (Soh.: HV-Prot. S.242) so rasch wie möglich beendet wissen wollte.

 

Die Zwangsarbeitshäftlinge waren in nächster Nähe von Babij-Yar in zwei Erdbunkern, einem grossen und einem kleineren, untergebracht. Dort lagen sie ausserhalb der Arbeitszeit auf blankem Boden. Die Ernährung war dürftig, wenn auch besser als die Hungerrationen in den Lagern und ehemaligen Ghettos. Trotz der Art ihrer Beschäftigung bestand für die Häftlinge keine Waschgelegenheit. Die Fussketten wurden ihnen auch nachts nicht abgenommen. Die Fesselung wurde morgens und abends überprüft. Gegenüber dem Eingang des grossen Bunkers war auf einem Wachturm ein MG aufgestellt. Der Wachdienst war Sache der Ordnungspolizisten.