Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.72

 

den Universitäten Würzburg, Bonn und Erlangen das Studium der Staats- und Rechtswissenschaften, das er 1930 mit der Ersten Juristischen Staatsprüfung abschloss. Während seiner Referendarausbildung promovierte er noch im Jahre 1930 in Erlangen zum Dr.jur. und legte sodann im März 1934 beim Preussischen Justizministerium die Grosse Juristische Staatsprüfung ab. Wegen des Überangebots an Juristen im Preussischen Staatsdienst entschied sich Dr. Schumacher für die Beamtenlaufbahn innerhalb der Kriminalpolizei, in die er im Juli 1934 als Kriminalkommissaranwärter in Berlin eintrat. Er wurde am 1.7.1936 Kriminalkommissar, und ab 1.10.1936 war er Leiter der Personalstelle und des Erkennungsdienstes bei der Kriminalpolizeileitstelle in Düsseldorf. Am 15.2.1939 wurde er nach Wien abgeordnet, wo er, wie dann später auch ab November 1939 in Prag, als Dienststellenleiter verwendet wurde. Am 1.8.1940 wurde er Kriminalrat. Von Oktober 1940 bis Mai 1941 war er an der Polizeischule in Pretzsch/Elbe Lehrer für Strafrecht.

Wegen eines Stimmbänderleidens musste er diese Tätigkeit aufgeben. Er wurde deshalb am 1.6.1941 als Inspektionsleiter und Vertreter des Leiters der Kriminalabteilung nach Duisburg versetzt. Dort erreichte ihn Ende Oktober/Anfang November 1941 seine Abordnung zum Chef der Einsatzgruppe C nach Kiew, wo er als SS-Hauptsturmführer bis Juni 1942, ab Errichtung der Dienststelle des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD als Leiter der Abteilung IV/V verblieb. In diese Zeit fällt die ihm hier vorgeworfene strafbare Handlung.

Nach nur vorübergehender Tätigkeit beim Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Stalino war Dr. Schumacher von August 1942 bis Juli 1943 als Regierungsrat beim Reichssicherheitshauptamt Amt V und auch als Untersuchungsführer und Gerichtsoffizier im Referat I D 2 und bei der Kriminalpolizeileitstelle in Berlin beschäftigt, bis er hernach als Vertreter des Leiters der Kriminalpolizeileitstelle nach Breslau abgeordnet wurde. Dort erkrankt, konnte er noch im März 1945 aus der Festung herausgeflogen werden; er erlebte sodann das Kriegsende im Lazarett in Nürnberg.

 

Nach Kriegsende arbeitete Dr. Schumacher zunächst in Mönchen-Gladbach als Kanal- und Bauarbeiter, bis er im Februar 1946 vom englischen Geheimdienst unter dem unrichtigen Verdacht, an der Erschiessung englischer Flieger in Breslau beteiligt gewesen zu sein, festgenommen und nach England verbracht wurde. Nach seiner Freilassung im August 1946 war er nacheinander bei mehreren Firmen als kaufmännischer Angestellter und bis zu deren Umwandlung in den Bundesnachrichtendienst bei der Organisation Gehlen tätig. Wiederholte Angebote, ihn sowohl beim Bundesnachrichtendienst wie auch bei anderen Ämtern ins Beamtenverhältnis zu übernehmen, lehnte Dr. Schumacher ab; er hielt sich wegen der ihm hier vorgeworfenen strafbaren Handlung nicht für würdig, wiederum dem Staate als Beamter zu dienen. Er trat in ein Wuppertaler Werk ein, wo er bald Rechtsberater und Personalchef wurde. Durch den Tod des Werkinhabers und die damit verbundene Umgestaltung der Firma verlor er diese Stelle jedoch bald wieder und wurde daran anschliessend im November 1958 in die Rechtsabteilung des Zentralverbandes der Haus- und Grundbesitzer in Bonn übernommen, in der er bis zu seiner Verhaftung tätig war. Seine Vermögensverhältnisse sind geordnet.

 

In die NSDAP trat Dr. Schumacher am 1.5.1933 ein; in die SS wurde er am 1.1.1939 in Verbindung mit seiner bevorstehenden Abordnung nach Wien übernommen. Dabei erhielt er den Angleichungsdienstgrad eines SS-Untersturmführers und wurde gleichzeitig zum SS-Führer im SD Hauptamt ernannt. Befördert wurde Dr. Schumacher im September 1939 zum SS-Obersturmführer, im Oktober 1940 zum SS-Hauptsturmführer und im November 1943 zum SS-Sturmbannführer. Das Angebot, in die Gestapo einzutreten, lehnte er wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Errichtung der Konzentrationslager und der dort geübten Massnahmen ab. Wegen seiner Äusserungen gegen die Vorgänge in der sog. Reichskristallnacht im November 1938, die seinen Unwillen hervorgerufen hatten, war er von seinem damaligen Dienstvorgesetzten in Düsseldorf getadelt worden.

In die evangelische Kirche ist er nach seinem Austritt im Jahre 1938 im Jahre 1945 wieder eingetreten.

Der Angeklagte Dr. Schumacher ist seit 1950 in zweiter Ehe kinderlos verheiratet. Seine 1934 geschlossene erste Ehe wurde 1948 nach §48 EheG ohne Schuldausspruch geschieden.