Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.718

 

neben einer Pistole eine Maschinenpistole gehabt, die ukrainischen Wachmänner nur Gewehre. Die SS-Leute hätten die Maschinenpistolen nicht immer bei sich gehabt. Er habe seine Informationen über die Vorgänge, die vor ihrer Anwesenheit im Lager gewesen seien, von Leon Fellhändler erhalten. Nach dem Aufstand habe er den nicht mehr getroffen. Jener Mann sei 1947 von polnischen Nationalisten getötet worden.

 

Mit dem Zeugen sind während der Vernehmung früher veröffentlichte und als Protokoll vorliegende Aussagen erörtert worden. Weder hieraus noch aus seinen sonstigen Bekundungen haben sich zusätzlich Einzelheiten ergeben, die geeignet erschienen sind, weitere Sachaufklärung über das Lager, den dortigen Betrieb und insbesondere die Handlungen des Angeklagten Frenzel zu erbringen.

 

Lediglich über den Lageraufstand hat sich der Zeuge noch ausführlich erklärt. Über den Angeklagten Frenzel hat er mitgeteilt, jenen gesehen zu haben, wie der während Aufstand und Flucht der Juden mit der Maschinenpistole auf die Häftlinge geschossen habe. Er habe nicht sicher erkennen können, ob Frenzel jemanden getötet habe. Der Zeuge hat überzeugend und in Übereinstimmung mit vielen jüdischen Zeugenaussagen stehend dargestellt, dass er als einer der massgeblichen Planer des Aufstandes gewirkt hat; er hat auch bekundet, dass vorgesehen gewesen sei, sämtliche SS-Leute zu vernichten. - Der Zeuge Ros. hatte kurz zuvor zu dieser Frage bekundet, ihm sei von Pet. die Aufgabe übertragen gewesen, Frenzel in der Tischlerwerkstatt mittels einer Axt zu töten; das sei auch vorbereitet gewesen, jedoch sei Frenzel nicht dorthin gekommen.

 

Der Angeklagte Frenzel hat im Zuge der Verlesung des Protokolls über die Aussage des Zeugen Pet. gemeint, jener sei Kapo der Häftlinge im vierten Lager gewesen. So wie der Zeuge ihn beschreibe, verwechsele er ihn möglicherweise mit Wagner. Der vom Zeugen geschilderte Vorfall mit dem Koch sei auch nicht in dessen Zeit in Sobibor gewesen, sondern im Mai/Juni 1943. Zu einem Vorfall, bei dem er dem Zeugen Zigaretten habe schenken wollen, sei es nicht gekommen.

 

Der auch in Donesk vernommene Zeuge Arkadij Wei., geboren 1921, hat bekundet, Ende September 1943, möglicherweise am 22., von Minsk ins Lager Sobibor gebracht worden zu sein. Aus seinem etwa 2.000 Menschen starken Transport seien sie mit 80 Männern ausgewählt worden. Er habe hauptsächlich im Nordlager gearbeitet, Frenzel habe sie immer zur Arbeit dorthin geführt. (Der Angeklagte hat dieses im Zuge der Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Zeugen ausdrücklich bestätigt.) Wagner habe er nicht gekannt. Sie hätten auch mal Ziegel abgeladen. Im Lager Sobibor seien etwa 400 Gefangene als Arbeitsjuden gewesen, davon etwa 300 Männer. Er habe sie aber natürlich nicht zählen können.

 

Bei ihrer eigenen Ankunft und in der späteren Lagerzeit hätten sie ständig das Kommando: "Schneller, schneller!" gehört. Nach ihrem Transport sei ein weiterer aus Minsk eingetroffen. Von Mitgliedern des Bahnhofskommandos habe er gehört, dass es auch einen Transport aus Wilna gegeben habe.

 

Als sie dorthin gebracht worden seien, hätten sie nichts Gutes erwartet, hätten sich aber auch nicht vorstellen können, dass sie von Russland aus nach Polen gebracht würden, um dort vernichtet zu werden. Er erinnere sich nicht, dass es bei der Ankunft ihres Transportes Schüsse gegeben habe; einige Tage später seien noch ein Transport aus Minsk und einer aus Wilna gekommen; da habe man viele Schüsse gehört; die seien von irgendwo weiter aus dem Lagerinneren, dem Durchgang zum dritten Lager gekommen. Er meine, dass Frenzel bei der Transportabwicklung unbedingt dabei gewesen sei; er selbst, der Zeuge, sei zu der Zeit im Nordlager gewesen.