Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.716

 

Der Zeuge hat klargestellt, dass in seinem Transport etwa 2.000 Menschen gewesen seien, von denen 300 Kriegsgefangene, die übrigen Zivilpersonen aus dem Ghetto Minsk gewesen seien. Ausser jenem Fall, bei dem sie Ziegel hätten entladen müssen, und bei dem sie insbesondere von Frenzel angetrieben worden seien, habe er keine eigenen Beobachtungen gemacht, die im Zusammenhang mit Frenzel, einzelnen Misshandlungen oder Tötungen stehen würden, jedenfalls habe er keine Erinnerung mehr daran. Soweit der Zeuge Vorkommnisse vom Hörensagen angesprochen hat, sind daraus keine Hinweise zu entnehmen gewesen, die dem Ergebnis der Beweisaufnahme im übrigen entgegen gestanden hätten oder zur Unterstützung bestimmter Aussagen heranziehbar gewesen wären.

 

Mit dem Zeugen ist besprochen worden, dass er in einer Aussage des Jahres 1966 gemeint hat, in den 3 Wochen seines Lageraufenthaltes seien dort ungefähr 40.000 Gefangene vernichtet worden. Das hat er als möglichen Irrtum bestätigt. Mit dem Zeugen Wai. sei er in Sobibor nicht in einer Gruppe zusammengewesen; Wai. sei Jude.

 

Im Zuge der Verlesung der Zeugenaussage hat der Angeklagte Frenzel bestritten, dass es zu der Zeit, in der der Zeuge im Lager gewesen sein will, jemals dazu gekommen sei, einen Transport mit Ziegelsteinen abzuladen und solche Steine zu transportieren.

 

Der auch in Donesk vernommene Zeuge Boris Tab., 1917 geboren, hat bekundet, von der Stadt Minsk aus nach Sobibor transportiert worden zu sein. Der Transport sei am 15. oder 17.September 1943 abgegangen und habe ungefähr 4 bis 5 Tage benötigt bis zur Ankunft. Etwa 80 Personen seien als Arbeitskräfte aussortiert worden. Er habe seinerzeit schon gewusst, dass die in Ghettos gehaltenen Juden massenweise vernichtet wurden. Über eine Vergiftung der Menschen mit Gas habe er seinerzeit nichts gehört gehabt. Im Lager seien sie von den Deutschen bei geringstem Anlass mit Peitschen geschlagen worden. Im Lagergelände habe es viele Gänse gegeben, die er bei Dachdeckerarbeiten gesehen habe. Aus der Richtung, in der man die Menschen vernichtet habe, habe man Menschenschreie gehört, die nicht einmal die Gänse hätten übertönen können. Nach seinem Transport seien weitere Transporte eingetroffen. Es habe sich dabei um 3 bis 4 Vorgänge gehandelt, so oft habe er nämlich die Schreie der Gänse gehört. Es habe sich um etwa 200 bis 300 Gänse gehandelt.

 

Wenn sich ein Gefangener irgendetwas habe zuschulden kommen lassen, sei er vor angetretener Mannschaft ausgepeitscht worden, habe er sich verzählt, sei er gezwungen worden, aufs Neue zu zählen. Solche Gefangene seien manchmal geschlagen worden, bis sie tot gewesen seien. Er selbst habe gesehen, wie die weggezerrt worden seien, Feststellungen darüber, ob die dann tot gewesen seien, habe er nicht treffen können.

 

Er habe aus dem Buch Pet.s und anlässlich eines späteren Treffens mit seinen Kameraden den Namen Frenzels erfahren; das sei aber nach seinen eigenen Vorstellungen derjenige, der für sie im Lager I zuständig gewesen sei.

 

Der Zeuge hat einiges über den Lageraufbau berichten können. Zu Einzelvorkommnissen, die mit dem Angeklagten Frenzel in Zusammenhang zu bringen wären, hat er keine weiteren Bekundungen gemacht, die sich auf eigene Beobachtung gegründet hätten. Im Zuge der Verlesung des Protokolls über die Aussage Tab.s hat Frenzel erklärt, es sei nur eine Gruppe von 50 Russen ausgesondert und zur Arbeit zurückbehalten worden.

 

Der ebenfalls in Donesk vernommene Zeuge Alexander Pet., geboren 1909, hat bekundet, er sei am 22.September 1943 aus dem Kriegsgefangenenlager Minsk kommend in das Lager Sobibor gebracht worden. Der Zeuge, der ab 1944 Zeitungsberichte und ein Buch über seine Erlebnisse in Sobibor geschrieben hat, hat bekundet, es habe drei SS-Männer gegeben, die Gefangene misshandelt hätten; das seien Frenzel, Wagner und G. gewesen. Er habe insbesondere mit Frenzel zu tun gehabt. Er habe dem Koch den Befehl gegeben, in 20 Minuten