Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701a LG Stuttgart 13.03.1969 JuNSV Bd.XXXI S.697

 

Lfd.Nr.701a    LG Stuttgart    13.03.1969    JuNSV Bd.XXXI S.713

 

einerseits genügend Verständnis für die Wichtigkeit und Dringlichkeit der Aktion 1005 aufbrachte, andererseits aber auch die notwendige Härte für diesen Einsatz erworben hatte. Aus diesen Gründen kam es dem pflichtwilligen Angeklagten zu keiner Zeit in den Sinn, sich etwa aus freien Stücken um eine Ablösung von dem erhaltenen Auftrag zu bemühen.

 

Fast gleichzeitig mit der Zuziehung des Angeklagten (zweite Juli-Hälfte / Anfang August 1943) wurden in Kiew auch schon die anderen Angehörigen des späteren Sonderkommandos 1005 A zusammengefasst. Wegen des für den Bewachungsdienst benötigten Ordnungspolizeipersonals verhandelte Blobel persönlich mit dem BdO, General v. Bomhard. Die Kommandoaufstellung zog sich bis ungefähr in die 2.Augustwoche 1943 hin. Von der BdS- und der BdO-Dienststelle konnten schliesslich ca. 8-10 SD- und SS-Männer und ca. 60 Ordnungspolizisten für das Kommando bereitgestellt werden. Zum Soh. unterstellten Teilkommandoführer der Einheit 1005 A wurde der - 1946 verstorbene - SS-Obersturmführer Baumann bestimmt. Er war seinerseits berechtigt, dem Führer des Ordnungspolizeiteils, dem damaligen Bezirksoberleutnant und späteren Bezirkshauptmann der Gendarmerie, dem 1965 verstorbenen Zeugen Han., in sachlicher Hinsicht Weisungen zu erteilen. Das Kommando konnte mit den ersten vorbereitenden Arbeiten in Babij-Yar noch vor Mitte August 1943 beginnen.

 

B) Heranziehung des Angeklagten Zie. als Teilkommandoführer und Aufstellung des Sonderkommandos 1005 B in Dnjepropetrowsk

 

Gleich nach der ersten Einweisung in seinen Tätigkeitsbereich fragte Blobel den Angeklagten Soh., ob er ihm irgendwelche als Teilkommandoführer geeignete Personen vorschlagen könne. Aufgrund des schon Besprochenen waren sich hierbei Blobel und Soh. darin einig, dass als Teilkommandoführer ebenfalls nur ein in der nationalsozialistischen Bewegung altbewährter, weltanschaulich zuverlässiger und voll hinter den Zielen der Staatsführung stehender Mann eingesetzt werden konnte. Da die Vertraulichkeit des Auftrags und die Möglichkeit, sich dabei besonders verdient zu machen, für Soh. gegenüber den mit der Enterdungsaktion verbundenen abstossenden und unangenehmen Begleitumständen so im Vordergrund stand, dass er die Berufung als Vertrauensbeweis und Auszeichnung verstand, nannte er Blobel den ihm aus seiner Studienzeit in Greifswald bekannten alten Parteikameraden und Duzfreund Zie., den er kurz vorher zufällig im Kasino getroffen hatte. Ihn hielt Soh. sowohl wegen dessen lange genug bewiesener positiver Einstellung zum nationalsozialistischen Staat als auch nach seinem Dienstrang als SS-Hauptsturmführer für durchaus brauchbar und voll vertrauenswürdig. Für Soh. war es eine gerne wahrgenommene Gelegenheit, dem alten Kameraden durch die Benennung als geeigneten Teilkommandoführer einen Freundesdienst zu erweisen, durch den sich Zie. vermeintlich besondere Verdienste erwerben konnte. Dabei war er sich der verantwortlichen Rolle bewusst, die Zie. als Teilkommandoführer bei der vorgeschriebenen Tötung der seiner Einheit in den kommenden Monaten zu den Exhumierungs- und Verbrennungsarbeiten zugeteilten Häftlinge - unter Umständen eine in die Hunderte gehende Zahl - treffen würde. Er war sich aber sicher, dass sich auch Zie. als vom Rassedenken der Nationalsozialisten überzeugter Altgardist und SS-Offizier durch diesen Teil des Auftrags innerlich nicht abschrecken lassen werde. Mit der Auswahl Zie.s als Führer eines Teilkommandos sah der Angeklagte Soh. die Gewähr gegeben, dass die Aktion 1005 im Südabschnitt der Ostfront ganz im Sinne des von höchster Stelle verfolgten und von ihm selbst voll bejahten Zieles der Spurentilgung unter strengster Geheimhaltung vorangetrieben werden könne.

 

Blobel hiess den Vorschlag gut. Spätestens im ersten August-Drittel 1943 wurde Zie. eilig entweder über Funk oder fernschriftlich nach Kiew mit der Weisung abberufen, sich bei Soh. zu melden. Dieser unterrichtete ihn sodann im wesentlichen, um was es ging. Dabei unterstrich Soh., dass das bevorstehende Vorhaben eine äusserst geheime Reichssache sei. Er bezeichnete sie sinngemäss als neue grosse Sache oder als neuen grossen Auftrag, den sie im