Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.71

 

Nach Ausführung dieses Auftrages kehrte E. in das Reichssicherheitshauptamt zurück, wo er von März bis Juni 1941 vorübergehend bei Abteilung III Dienst tat, bis er daran anschliessend zur Polizeischule Pretzsch/Elbe als Führer des Einsatzkommandos 1b kommandiert wurde. Mit diesem Kommando rückte er zu Beginn des Russlandfeldzuges in den Einsatz im Nordabschnitt der Ostfront, an die 16. und 18. Armee angelehnt. In die Anfangszeit dieses Einsatzes - Ende Juni/Anfang Juli 1941 - fällt ein Teil der ihm hier vorgeworfenen strafbaren Handlungen.

 

Von Minsk aus, wo er mit dem Einsatzkommando 1b lag, wurde E. durch Schnellbrief des Reichsführers SS vom 9.12.1941 als Führer dieses Kommandos abgelöst und zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD von Kiew und im September 1942 auch zum Stellvertreter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD am selben Ort ernannt. In dieser Stellung verblieb er bis Ende August 1943. In diese Zeit fallen die ihm vorliegend weiter vorgeworfenen anderen strafbaren Handlungen.

Mit Schnellbrief vom 28.8.1943 bestellte ihn der Chef der Sicherheitspolizei und des SD (Dr. Kaltenbrunner) zu seinem Beauftragten beim kommandierenden General der Sicherungstruppen und Befehlshaber des Heeresgebietes Mitte; gleichzeitig übertrug er ihm die Führung der Einsatzgruppe B. Dem folgte seine Beförderung zum SS-Standartenführer unmittelbar darauf am 1.9.1943; E. war damals 32 Jahre alt. Durch weiteren Schnellbrief vom 18.10.1943 bestellte ihn Kaltenbrunner unter Beibehaltung der Führung der Einsatzgruppe B zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD beim Höheren SS- und Polizeiführer Russland-Mitte und Weissruthenien mit Dienstsitz in Minsk.

Mit Wirkung vom 1.4.1944 folgte dann wiederum durch Kaltenbrunner seine Abberufung von all diesen Stellen und seine Einsetzung als Amtschef I (Personal) beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin. Am 27.6.1944 ernannte ihn Hitler unter Berufung in das Beamtenverhältnis zum Oberst der Polizei und am 9.11.1944 der Reichsführer SS Himmler auf ausdrückliche Empfehlung von Kaltenbrunner zum SS-Oberführer.

Die Stelle des Amtschefs I im Reichssicherheitshauptamt behielt E. bis zum Zusammenbruch 1945 inne.

 

Das Kriegsende erlebte E. in Schleswig-Holstein, wohin Teile des Reichssicherheitshauptamts evakuiert worden waren. In Flensburg geriet er für nur wenige Wochen in englische Gefangenschaft, nachdem er Rang und Würden des SS-Oberführers abgelegt und sich die Uniform und den Namen - "Erich Fröscher" - eines Wehrmachtsunteroffiziers zugelegt hatte. Nach vorübergehender Tätigkeit in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein begab er sich im Oktober 1945 mit seiner früheren Sekretärin, mit der er fortan zusammenlebte, nach Roth bei Nürnberg, wo er 4 Jahre lang - noch immer unter falschem Namen - auf einem amerikanischen Flugplatz, zuletzt als Lagerbuchführer, arbeitete. 1950 siedelte er - jetzt wieder unter seinem richtigen Namen - nach Konstanz über, wo er 2 Jahre lang als Empfangschef und Kassierer im Spielkasino untergekommen war und später bis 1954 als Vertreter, zuletzt bei der Volkswagenvertretung, Beschäftigung gefunden hatte. Seit 1954 lebte er bis zu seiner Festnahme als Vertreter der Volkswagengeneralvertretung in Karlsruhe. Seine Vermögensverhältnisse sind geordnet.

Der Angeklagte E. ist seit 1952 in zweiter Ehe verheiratet; das von seiner 2. Ehefrau 1946 geborene Kind stammt von ihm, weitere Kinder sind aus dieser Ehe nicht vorhanden. Seine erste im Jahre 1934 geschlossene Ehe wurde 1952 aus seinem Verschulden geschieden. In dieser Ehe wurden 6 Kinder geboren, die heute 27, 26, 24, 21, 19 und 15 Jahre alt sind.

Der Angeklagte E. ist nicht vorbestraft.

Er befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Karlsruhe vom 10.12.1958 seit diesem Tage in Untersuchungshaft in vorliegender Sache.

 

II.

 

Der Angeklagte Dr.jur. Hans Karl Schumacher ist Sohn eines Prokuristen. Er wurde am 12.6.1907 in Barmen geboren und durchlief die Volks- und Oberrealschule in Mönchen-Gladbach bis zum Abitur, das er 1926 bestand. Dem folgte anschliessend an