Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.701a LG Stuttgart 13.03.1969 JuNSV Bd.XXXI S.697

 

Lfd.Nr.701a    LG Stuttgart    13.03.1969    JuNSV Bd.XXXI S.707

 

unterstützte er bei der Vorbereitung der Mai-Wahlen den damaligen deutschvölkischen Wahlverband in Stettin, in welchem sich in Pommern die Nationalsozialisten sammelten. Weiter betätigte er sich im Herbst des gleichen Jahres in Kiel mehrere Monate lang selbst politisch aktiv als Gaugeschäftsführer der nationalsozialistischen Freiheitsbewegung, wobei er vor allem mit darauf hinwirkte, dass neuhinzukommende Mitglieder unmittelbar nach München zur Aufnahme in die NSDAP gemeldet wurden. Formell als Mitglied in der NSDAP geführt wurde Zie. erst auf seinen nochmaligen Antrag hin ab 1.3.1926. Von 1927-1929 beteiligte er sich im Rahmen der Parteiarbeit in Stargard an der Vorbereitung und Durchführung von Sprechabenden und hielt selbst Schulungsabende in der dortigen Ortsgruppe. Als er im Jahre 1929 aus beruflichen Gründen nach Berlin übersiedelte, entdeckte man dort bei der NSDAP rasch seine rednerischen Fähigkeiten. Zie. wurde zuerst zu Sprechabenden, dann zu Versammlungen für die NSDAP eingesetzt. Bereits im Winter 1929 auf 1930 stellte er sich dem Propagandaapparat der Nationalsozialisten als Gauredner, bald danach als Reichsredner und Reichsbetriebszellenredner zur Verfügung und brachte es dabei seiner Schätzung nach im Lauf der Jahre auf etwa 1000 durchgeführte Versammlungen. In der zweiten Jahreshälfte 1930 wechselte der Angeklagte beruflich zu dem wenige Monate später Tageszeitung werdenden "Angriff" über, wo er 1932 zuletzt als Stellvertreter des Hauptschriftleiters fungierte. Nachdem er bereits am 1.10.1930 in die allgemeine SS eingetreten war, verschrieb sich Zie. ausser seiner rednerischen Propagandatätigkeit in den folgenden Jahren ganz der nationalsozialistischen Journalistik. Er arbeitete in verschiedenen Städten Deutschlands meist als Hauptschriftleiter in parteiamtlichen Blättern. Im Zuge seiner politischen Aktivität wurde er immer wieder strafrechtlich verfolgt, jedoch nie verurteilt; auch von der Gestapo will Zie. übrigens später wegen einer unvorsichtigen Äusserung einmal verhaftet worden sein.

Nach der Machtübernahme war der Angeklagte vorübergehend als Referent im SS-Sonderkommando Henze in Berlin eingesetzt. Von Anfang 1934 bis Mitte 1936 wirkte er am Aufbau des Presseapparates für den Reichsnährstand mit, wobei er die letzten 2 Jahre in München verwendet wurde. Nach seiner Rückkehr in die frühere Reichshauptstadt wurde Zie. nach vorübergehender Pressetätigkeit für die landwirtschaftlichen Genossenschaften im Jahre 1937 zum Dozenten für Politik an der Reichspresseschule in Berlin ernannt, dort aber bereits am Jahresende aus undurchsichtigen Gründen wieder - wie der Angeklagte angibt, fristlos - entlassen.

 

Von der Jahreswende 1937/38 an, bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht am 1.10.1942 wirkte er anschliessend als Nachrichtenredakteur in dem Auslandsnachrichtenbüro Transozean, einer im Reichsinteresse arbeitenden Einrichtung in Berlin. Hierbei kam seiner Zugehörigkeit zum Sicherheitsdienst der SS eine starke Bedeutung zu. Der Angeklagte hatte sich schon ab Anfang 1934, d.h. praktisch mit der Gründung eines SD-Oberabschnitts in Berlin, dieser SS-Gliederung angeschlossen. In seiner neuen Stellung konnte er wertvolle nachrichtendienstliche Arbeit leisten und die Führungsstellen des NS-Staates mit oft streng vertraulichen Meldungen beliefern. Er wurde vom SD-Oberabschnitt Ost dem Amt VI des RSHA unmittelbar zugeordnet. Der Angeklagte sah diese Tätigkeit selbst als Arbeit "an einer wichtigen Stelle" an. Sie zahlte sich für ihn auch insofern aus, als er noch vor Beginn des II.Weltkrieges in rascher Folge am 20.4.1937 zum SS-Untersturmführer, am 30.1.1938 zum SS-Obersturmführer und am 20.4.1939 zum SS-Hauptsturmführer befördert wurde.

 

Bei der Wehrmacht fand der damals bereits 40jährige - "ein starker, mächtiger Mann mit grosser Leibesfülle, der mehr Essen brauchte als alle andern", wie ihn der Angeklagte Kir. für die nachfolgende Tatzeit plastisch charakterisiert - nur etwa ein Vierteljahr bis zum Januar 1943 Verwendung. Sodann wurde er wieder zur Verfügung des RSHA gestellt und zur Einsatzgruppe C nach Kiew in Marsch gesetzt. Angeblich war er in den folgenden Monaten in Czernikow mit einer Presseaufgabe betraut und auch beim Drahtfunk als Sachbearbeiter eingesetzt. Über Smolensk wurde er im Sommer 1943 schliesslich nach Kiew zum Einsatz bei der Aktion 1005 beordert. Zu dieser Zeit war er bereits Träger des Goldenen Parteiabzeichens und des Silbernen Gau-Ehrenzeichens Berlin. Auch er galt, wie