Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.705

 

Exekution wurde das Konzentrationslager Mauthausen bestimmt, wo die Tötungen die Bezeichnung "Aktion 19" erhielten.

 

Die Exekution ist in Mauthausen am 24.Oktober 1942 durchgeführt worden. Einige Tage vorher wurden die Tschechen in Zivilkleidung in das Konzentrationslager eingeliefert und im Bunker untergebracht. Da sie lediglich zur Exekution eingeliefert worden waren, wurden sie in den Lagerbestandsmeldungen nicht aufgeführt. Zusammen mit dem Transport, evtl. auch einige Tage vorher, traf die Exekutionsanordnung mit der Liste der Namen der tschechischen Häftlinge im Konzentrationslager ein und wurde wie üblich an die politische Abteilung zur Vorbereitung der Exekution weitergeleitet. Der Angeklagte Schul. veranlasste die üblichen Vorbereitungen, bestimmte insbesondere einen Protokollführer bzw. "Zeitnehmer". Auch liess er anhand der Liste die Identität der Häftlinge überprüfen.

 

Der Lagerkommandant Ziereis wollte die vielen Frauen nicht erschiessen lassen und entschloss sich, evtl. nach telefonischer Einholung des Einverständnisses einer höheren Stelle, die Frauen durch Gas zu töten. Am 24.10.1942 wurden demzufolge die Frauen in Gruppen von 15 bis 20 in der Gaskammer in der bereits beschriebenen Weise getötet. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Opfer zuvor wussten, dass sie getötet wurden, oder ob sie glaubten, sie würden nur geduscht. Wahrscheinlich haben viele von ihnen trotz der Tarnungsmassnahmen gewusst oder zumindest geahnt, dass sie getötet würden.

Die männlichen tschechischen Häftlinge wurden auf der Exekutionsstätte hinter den Blöcken 15 und 20 durch Erschiessen in der bereits geschilderten Weise getötet. Der Angeklagte Schul., dem bekannt war, dass und wie die Frauen vergast wurden, nahm persönlich an der Erschiessung teil. Er hatte die Exekutionspapiere mitgebracht. Ob er oder der ebenfalls anwesende Lagerkommandant Ziereis die Exekutionsanordnung vorgelesen hat, konnte nicht festgestellt werden. Anschliessend wurden die Tötungen in der üblichen Weise in den Büchern vermerkt, nämlich im Exekutionsbuch und im Totenbuch von Mauthausen. Die Eintragungen im Totenbuch des Standesamtes musste der Zeuge M., der als Häftlingsschreiber beim Standortarzt beschäftigt war, vornehmen. Damit die Vergasung nicht aus den Büchern ersichtlich war, wurde er angewiesen, den Tod der Tschechen als "standrechtlich erschossen" und "justifiziert" aufzuführen. Auch die Todeszeitpunkte musste er so eintragen, dass aus dem Buch die Vergasung nicht ersichtlich war. Die Eintragung erfolgte in der Weise, dass von morgens 8.30 Uhr bis nachmittags 17.42 Uhr die angeblichen Todeszeitpunkte verteilt wurden, so dass sie als im Abstand von jeweils zwei Minuten aufeinanderfolgend erschienen.

 

Auch in diesem Falle war sich der Angeklagte Schul. darüber klar, dass die Tötung Unrecht war. Gleichwohl nahm er aus den gleichen Gründen wie bei den vorhergehenden Exekutionen auch in diesem Fall in der beschriebenen Weise daran teil.

 

Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er sei bei der Erschiessung der Häftlinge an der Richtstätte als Zeuge anwesend gewesen. Er habe keine genaue Erinnerung an die Anzahl der Häftlinge mehr, meine aber, es wären 50 bis 60 Häftlinge gewesen. Von der Vergasung der Frauen wisse er nichts.

 

Soweit diese Einlassung des Angeklagten den getroffenen Feststellungen widerspricht, ist sie durch das Ergebnis der Hauptverhandlung widerlegt. Der Zeitpunkt der Exekution sowie die Anzahl und die Namen der Häftlinge ergeben sich aus den Urkunden, die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, nämlich dem Exekutionsbuch, in welchem diese Exekution als "Aktion 19" eingetragen ist, sowie dem Totenbuch von Mauthausen. Die Eintragungen im Totenbuch hat ausserdem der Zeuge M. als von seiner Hand stammend glaubwürdig bestätigt.