Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.698

 

Sie seien 2 Nächte ohne Essen geblieben, bis Himmler gekommen sei, um zu sehen, wie die Gaskammern funktioniert hätten. Das sei vielleicht im Februar 1943 gewesen.

 

Es sei mal im Lager berichtet worden, die Leute aus dem Lager III hätten einen Tunnel graben wollen, um herauszukommen. Sie seien deswegen erschossen worden. Weitere Einzelheiten erinnere er nicht. Es seien aber kaum welche von ihnen aus dem Lager I und II genommen worden, um die Arbeitsjuden für das Lager III zu stellen; dafür seien zumeist welche aus neu eintreffenden Transporten genommen worden.

 

Es sei einmal das ganze Zeug, die Kleider und Sachen von Lager II zur Rampe gebracht und dort in Waggons verpackt worden. Er habe gehört, dass bei der Gelegenheit sich einer habe einpacken lassen in einem Waggon, dass er sich so habe herausschmuggeln können. Das habe er aber nur gehört.

 

Die zum "Strafkommando" abkommandierten Juden hätten nur laufen müssen, hätten alle Arbeiten im Laufen gemacht, gehen hätten sie nicht dürfen. Warum die dort hingekommen seien, wisse er nicht. Die seien dann 1 oder 2 Wochen ständig gelaufen, seien dann wieder entlassen worden. Er wisse nicht, ob sie zu Tode gehetzt worden seien, ihm sei das nicht bekannt. Er erinnere nicht, wer dieses "Strafkommando" kommandiert habe. Paul habe im Lager Schiessübungen auf Konservendosen gemacht, die einigen Juden auf den Kopf gestellt worden seien. Ob das auch andere SS-Leute gemacht hätten, könne er nach der langen Zeit nicht mehr sagen. Vielleicht sei mit Frenzel so etwas gewesen. Paul sei ein sehr schlimmer Mensch gewesen. Er habe sich in ein Mädchen verliebt gehabt und sei weggeschickt worden; in der Zeit sei das Mädchen getötet worden. Zumeist sei Paul im Lager II eingesetzt gewesen. Frenzel hat hierzu erklärt, der Zeuge meine sicher Paul Groth mit seiner Behauptung.

 

Der Hund Barry sei vor allen Dingen mit Bol. gelaufen. Vielleicht sei auch mal ein anderer SS-Mann mit Barry gegangen, später sei der nach Treblinka oder nach Belzec gekommen.

 

Beim Aufstand hätten sie auch geplant gehabt, Frenzel zu töten. Der sei zum Schneider bestellt gewesen; irgendwie müsse er aber etwas gemerkt habe, er sei jedenfalls nicht dorthin gegangen. Während des eigentlichen Aufstandes habe er Frenzel nur gehört; es sei hinterher erzählt worden, Frenzel habe vom Barackenfenster aus geschossen. Er sei beim Aufstand über den Wassergraben entflohen. In diesem Zusammenhang erklärt der Angeklagte auf Befragen, der Graben sei während der Lagerzeit verbreitert worden, weil Baracken unmittelbar daneben gestanden hätten. Richtig sei, dass früher mal zwei aus dem Lager entkommen seien. Wenn er weiter gefragt werde, ob er danach die 10 aus den Angetretenen herausgeholt habe, so wolle er das nicht ausschliessen, dann habe er aber bestimmt einen Befehl dazu gehabt. Vielleicht sei es so gewesen.

 

Nach dem Kriege, so der Zeuge Zi. weiter, habe er in Chemnitz oder in Dresden Nowack 422 zufällig auf dem Bahnhof getroffen. Er habe sogar Bilder aus dem Lager bei sich gehabt. Man habe darauf aufgespiesste Köpfe sehen können. Das sei gleich nach Kriegsende, vielleicht am 15. bis 20.Mai 1945 gewesen. Er habe mit Nowack gesprochen, sogar versucht, den betrunken zu machen. Schliesslich sei Nowack von russischen Beamten nach Glauchau gebracht worden, da seien noch mehr erwischte SS-Leute gewesen. Die Russen hätten Nowack verhaftet. Dann habe er nichts mehr von ihm gehört.

 

Die Zeugin Hela We., geboren 1924, ist erst seit 1965 als Zeugin im Zusammenhang mit dem Lager Sobibor in Erscheinung getreten. In der jetzigen Hauptverhandlung hat sie bekundet,

 

422 Im Urteil auch Nowak geschrieben.