Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.696

 

hineingeschossen, so dass viele Juden in den Waggons erschossen worden seien, hat er in der jetzigen Hauptverhandlung weder hiervon, noch von anderen Einzelheiten seiner Erfahrungen im Lager Sobibor berichten können.

 

Der 1927 geborene Zeuge Meyer Zi. ist erstmals 1965 in Hagen über seine Erlebnisse in Sobibor vernommen worden. Er habe von 1956 bis 1961 in Venezuela gelebt, danach in Israel; damals habe er von dem Eichmann-Verfahren gehört und von einem Freund sei er über das Verfahren der deutschen Behörden gegen die Sobibor-Mannschaft informiert worden; deswegen habe er sich von sich aus telefonisch in Hagen gemeldet, sei vorher nicht vernommen worden. Er ist allerdings schon in der Zeit davor mit einer besonders hohen Zahl von eidesstattlichen Versicherungen in unterschiedlichen Entschädigungsverfahren in Erscheinung getreten, er hat auch wiederholt Erklärungen abgegeben, von denen er jetzt eingeräumt hat, dort Blanko-Erklärungen unterzeichnet zu haben, ohne genügend geprüft zu haben, was er da unterschrieben habe. Er hat nicht ausdrücklich eingeräumt, bewusst falsche Erklärungen abgegeben zu haben.

 

Er hat ausgesagt, im Zeitraum Ende Mai / Juni 1942 nach Sobibor gekommen, die ersten etwa 6 Monate in der Kleidersortierung und dann im wesentlichen als "Brandmeister" eingesetzt gewesen zu sein. Seine Aufgabe sei es gewesen, an einer grösseren Grube die anfallenden Dokumente der eingetroffenen Juden zu verbrennen. Später habe er auch andere Arbeiten gemacht.

 

Frenzel und Wagner hätten sich wechselseitig vertreten. Frenzel sei der Chef vom Lager I gewesen und habe dieserhalb die Appelle abgenommen, Wagner nur in dessen Urlaub. Frenzel sei der Chef des Lagers I gewesen, habe immer geschrieen: "Tziskojeno", egal, was er gemacht habe, ob er nun geschlagen, oder jemanden sonst von den Arbeitsjuden herausgeholt und weggeschickt habe. - Der Angeklagte hat hierzu erklärt, dass ihm der Ausdruck "Tziskojeno" nicht geläufig sei. - Frenzel habe immer geschlagen, wenn er z.B. ins Lager gekommen sei oder im Vorübergehen. Auch er, der Zeuge, sei mehrfach geschlagen worden, allerdings von Wagner. Von Frenzel sei er nicht geschlagen worden. Es könne sein, dass er 1965 zu Recht gesagt habe, dass er von Bol. wiederholt geschlagen worden sei, heute habe er keine konkrete Erinnerung mehr daran. Es habe auch richtige Peitschenstrafen gegeben, bei denen die Betroffenen 25 Schläge bekommen hätten. Ihm persönlich sei das aber nicht passiert.

 

Wagner sei der klügere, raffiniertere gegenüber Frenzel gewesen. Gefährlich seien beide gewesen. Aber bei Wagner hätten sie den Aufstand nicht machen können, das sei nur bei Frenzel gegangen. Er könne nicht genau sagen, welche Funktion Wagner und Frenzel gehabt hätten, sie seien aber Chefs dort gewesen. Sie seien auch Chefs über andere SS-Leute gewesen, nicht über G., der habe zum Lager III gehört. Für den Betrieb im Lager I sei Frenzel zuständig gewesen, ein paar Mal sei er auch im Lager II gewesen, dort habe er ihn aber nur selten gesehen. Wagner sei wohl so etwas wie der "Spiess" gewesen, so habe man ihn jedenfalls im Lager bezeichnet. Noch heute wisse er nicht, welche Bedeutung dieses Wort habe. Jedenfalls habe Wagner eine herausgehobene Stellung im Lager gehabt. Auch Frenzel sei "gross" gewesen.

 

Einmal habe Frenzel im Lager II bemerkt, dass ein kleines Kind zurückgeblieben und zwischen Kleidung dort versteckt gelegen habe, das Kind habe nämlich geweint. Frenzel habe es wohl gehört, sei dorthin gegangen und habe draufgetreten. Der Angeklagte hat bestritten, so gehandelt zu haben.

 

Es habe auch SS-Männer dort gegeben, die anders gewesen seien. Der für die Bäckerei zuständige, er sei am Fuss verletzt gewesen, sei ein Mann gewesen, der mehr Mensch gewesen sei, nicht geschlagen habe. Der Name falle ihm zwar im Moment nicht ein, der sei aber vielleicht