Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.691

 

die nicht notwendig gewesen seien und das Leben von Menschen gekostet hätten. Das zeige sich gut an dem Fall der 14 Kranken, die kurz vor dem Aufstand ausgesondert worden seien. Frenzel sei mit seiner Machtposition erkennbar zufrieden gewesen, habe Genugtuung aus seinen Entscheidungsmöglichkeiten gezogen. Er habe alle deutlich wissen lassen, dass er der wirkliche Gebieter im Lager gewesen sei. Auch Wagner sei sehr grausam gewesen. Wenn er, der Zeuge, nach einer Rangfolge gefragt werde, müsse er sagen, Wagner sei von Natur aus der Grausamste gewesen, gleich nach ihm Frenzel. Zwischen den beiden habe kein grosser Unterschied bestanden. Man habe natürlich immer im Lager sehr vorsichtig sein müssen, besonders gefürchtet hätten sie sich aber vor Frenzel und Wagner.

 

Er habe Frenzel nur einmal an der Rampe erlebt. Das sei gewesen, als ein Transport mit vielen Nackten gekommen sei. Dieser Transport sei abends in Sobibor angekommen, viele Leichen hätten auf den Böden der Waggons gelegen, andere, ebenfalls nackte Menschen, hätten auf denen gestanden. Frenzel habe alle Arbeitsjuden, die er gerade auf dem Hof getroffen habe, herausgeholt und mit dorthin abkommandiert. So sei auch er, der Zeuge, dort hingekommen. Sie hätten die Leichen aus den Waggons raustragen müssen. Das seien aber keine frischen Leichen mehr gewesen, die Haut habe sich oft abgelöst, es sei schrecklich gewesen, die Körper auf die Loren zu werfen. Mit den Loren seien die dann ins Lager III gebracht worden. Bei der Gelegenheit habe er gesehen, wie in die Fenster der einzelnen Wagen geschossen worden sei. Die Güterwagen hätten ja ganz kleine, vereinzelte Fenster gehabt. Durch diese vergitterten Fensterchen hätten Leute geschaut, bevor die Türen aufgemacht worden seien. Wenn er früher gesagt habe, bei dem Transport sei in und unter die Waggons geschossen worden, so habe er daran jetzt keine Vorstellung mehr. Sicher sei er sich jedoch, dass Frenzel in diesem Fall eine Maschinenpistole bei sich gehabt habe, jedenfalls eine automatische Waffe mit einem kurzen Lauf. Wenn Frenzel dann gemerkt habe, dass jemand aus einem Wagen geschaut habe, habe er geschossen. Es sei allerdings schwer zu sagen, ob Frenzel möglicherweise in die Luft geschossen habe, solche Details wisse er nicht mehr. Er sei sich eigentlich sicher, dass der Transport nicht aus Lemberg gekommen sei; Abgangsort sei ein ziemlich unbekannter Platz gewesen. Die Gesamtatmosphäre sei damals sehr schlimm gewesen. Die Lebenden hätten zum Teil sehr verstört gewirkt. Er wisse nicht, ob auf Menschen geschossen worden sei, die unter die Waggons gekrochen seien, jedenfalls habe Frenzel auf welche geschossen, die aus den Gitterfenstern herausgeschaut hätten. Er meine sich auch zu erinnern, dass G. seinerzeit auch dabei gewesen sei.

 

Es habe wohl auch einen Transport aus Belzec gegeben, das sei wohl der gewesen, als man hinterher Notizen in den Kleidern gefunden habe. Weitere Einzelheiten wisse er nur vom Erzählen.

 

Einmal habe Frenzel plötzlich nach oder bei einem Appell alle holländischen Männer antreten lassen. Frenzel sei bei der Gelegenheit mit einer Maschinenpistole ausgerüstet gewesen. Er meine sich zu erinnern, dass es 72 holländische Männer gewesen seien. Als Grund habe man später erfahren, dass die eine Flucht organisiert hätten. Jedenfalls hätten sie antreten müssen, Frenzel habe Max van Dam heraustreten lassen und im Laufschritt seien dann die anderen holländischen Männer weggebracht und entweder im Lager III erschossen oder durch die Gaskammern geschickt worden. Max van Dam sei herausgesucht worden, weil er das Portrait von Frenzel noch nicht fertig gehabt habe. Ihm sei bekannt gewesen, dass Max van Dam habe ein Portrait von Frenzel machen müssen, der Maler habe ihm selber mal vorher gesagt gehabt, es sei schwierig, die Seele Frenzels mit in das Portrait zu bringen. Richtig sei, dass Max van Dam jeden der SS-Leute habe malen müssen. Soweit er wisse, sei auch G. anwesend gewesen. Heute erinnere er sich nicht mehr, ob noch andere Deutsche dort gewesen seien. Es komme ihm so vor, als habe Frenzel eine Rede gehalten, in der er darauf hingewiesen habe, dass sie ja die Knallerei gehört hätten und so weiter; er sei sich jetzt eigentlich sicher, dass das Frenzel gewesen sei. Nachdem dem Zeugen seine früheren Erklärungen hierzu aus den Jahren 1946, 1949, 1961 vorgehalten worden sind, auch seine Erklärungen