Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.690

 

hätten die SS-Männer immer noch individuell entscheiden können, ob Kranke nicht doch sofort zum Lager III weggebracht würden. So habe Frenzel beispielsweise am Montag vor dem Aufstand, seiner Erinnerung nach also am 11.Oktober 1943, erst nach der Zahl der Kranken gefragt. Er habe dann mitgeteilt, das seien 14. Frenzel habe sich daraufhin die Kranken angesehen und gemerkt, dass sie schon länger krank gewesen seien. Er habe daraufhin einen unheimlichen Krawall gemacht, die weggeführt und zu ihm, dem Zeugen gesagt, er sei als nächstes dran. Warum Frenzel ihn nicht sofort mitgenommen habe, wisse er nicht; fest stehe jedoch, dass Frenzel die 14 Kranken weggebracht habe. Ob er die dann auch selbst getötet habe oder durch einen anderen habe töten lassen, wisse er nicht. Frenzel habe das nicht zu diesem Zeitpunkt tun müssen. Über seine Aufgabe, die er im Lager zu erfüllen gehabt habe, sei er damals wieder einmal hinausgegangen. Selbstverständlich könne er nicht beurteilen, welche Absprachen Frenzel mit dem Lagerkommandanten getroffen habe, er meine jedoch, es sei die eigene Entscheidung Frenzels gewesen, die 14 wegzubringen. Er habe seinerzeit versucht, Frenzel darüber zu beschwindeln, wie lange die jeweiligen krank gewesen seien. Er habe es eben aber doch bemerkt, dass die schon längere Zeit ihm als krank bekannt gewesen seien und habe noch zu ihm, dem Zeugen, gesagt: "Du bist das nächste Mal dran". Auch am nächsten Tag habe Frenzel ihm noch mal mit der Peitsche aus der Entfernung gedroht. Dann sei aber zwei weitere Tage später der Aufstand gewesen.

 

Die Arbeitsjuden hätten in der ständigen Gefahr gestanden, auch sonst und ohne erkrankt zu sein, ins "Lazarett" gebracht zu werden.

 

Häufig sei ausgepeitscht worden. Er selber habe auch Peitschenhiebe bekommen. Als er, der Zeuge, die schon erwähnte Infektionskrankheit gehabt habe, habe er hohes Fieber gehabt und habe nicht gut arbeiten können; daraufhin seien ihm von Frenzel 25 Schläge auferlegt worden. Frenzel habe die selbst verabreicht, in vielen anderen Fällen hätten die Kapos die Schläge ausgeteilt, bei ihm sei es aber Frenzel gewesen, der geschlagen habe. Viele Menschen seien nach den Auspeitschungen so verletzt gewesen, dass sie nur noch dargelegen hätten, nicht mehr hätten arbeiten können und schliesslich weggenommen worden seien ins Lager III, um dort getötet zu werden. Er schätze die Zahl der so vernichteten auf 15-25 Arbeitsjuden.

 

Frenzel habe sich um die Arbeitsmannschaft des Lagers gekümmert. Für die SS-Männer und insbesondere Frenzel habe das Leben eines Juden keinen Wert gehabt. Einmal sei einem Juden passiert, dass ihm im Winter, als es sehr kalt gewesen sei, ein Ziegelstein beim Stapeln hingefallen und zerborsten sei. Frenzel habe "Krach geschlagen" und gesagt, ein Ziegel habe mehr Wert als alle Juden zusammen.

 

Er glaube ausserdem, dass Frenzel auch das Bahnhofskommando kommandiert habe. Zu letzterem könne er jedoch nicht viel sagen, weil er nur - ausser seiner eigenen Ankunft - noch einmal an der Bahnrampe gewesen sei. Wenn er nicht gerade im Urlaub gewesen sei, habe Frenzel die Appelle abgenommen. Er meine, die SS-Männer seien immer 42 Tage zum Morden im Lager gewesen, dann hätten sie 18 Tage Urlaub gehabt usw. Frenzel sei immer bei den Zählappellen zugegen gewesen. Wagner habe sich dem gegenüber mehr um das Lager insgesamt gekümmert. Zwar habe sich Wagner auch um die Insassen gekümmert und geschlagen. Seine Aufgabe sei es aber vor allem gewesen, auf die organisatorische Seite des Lagers zu achten, dass alles klappe. Man könne Wagner schon mit einer Art "Spiess" der Kompanie vergleichen. Demgegenüber sei Frenzel eher als der Kommandant des Lagers I zu bezeichnen, habe vor allen Dingen mehr die Kontakte zu den Juden gehabt. Zwar hätten auch Wagner, G. und vielleicht auch Bauer mit ihnen zu tun gehabt, am meisten aber eben Frenzel.

 

Frenzel sei ein strenger und grausamer Mensch in seinen Aktionen gewesen, er habe mehr getan, als er habe tun müssen. Er habe von sich aus Entscheidungen getroffen, auch solche,