Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.688

 

Leute herausgesucht worden. Er meine, das sei im Sommer 1942 gewesen; damals sei noch Wagner Leiter des Lagers I gewesen. An jenem Tag sei er aber nicht dagewesen, Frenzel habe ihn deswegen vertreten. Es könnte durchaus sein, dass 8, 10 oder 12 herausgeholt worden seien. Wenn er sich bei der Vernehmung 1961 über die Vorfälle anders geäussert habe, so müsse er darauf hinweisen, dass er damals vielleicht einiges verwechselt habe, zumal er einen schlechten Dolmetscher gehabt habe. Er könne gar nicht damals gesagt haben, dass die 12 Ausgesuchten von der SS in Gegenwart des ganzen Lagers erschossen worden seien. Die seien vielmehr, wie er sich auch heute noch erinnere, zum Lager III gebracht worden, nachdem sie Frenzel ausgezählt habe.

 

Anders sei das bei denen gewesen, die im Wald sitzengeblieben seien, nachdem die Ukrainer getötet und einige polnische Juden weggelaufen gewesen seien. Er meine, nur die holländischen Juden seien da sitzengeblieben und ins Lager zurückgebracht und vor ihrer aller Augen erschossen worden. Geflohen seien Josel Kopp 416 und Pod. Auch der Kor., der in Sao Paulo / Brasilien lebe, sei aus der Gruppe des Waldkommandos geflohen. Mit dem habe er keinen guten Kontakt. Frenzel sei bei der Erschiessung der restlichen Mitglieder des Waldkommandos anwesend gewesen und habe auch den Befehl zur Erschiessung gegeben. Ob da eine Rede gehalten worden sei, erinnere er sich nicht. Es könne sein, dass bei beiden Vorgängen Niemann anwesend gewesen sei.

 

Zu dem Fall mit den etwa 70 Holländern könne er aus eigener Erinnerung nichts sagen. Auch über einen Transport aus Treblinka oder Belzec falle ihm nicht viel an Einzelheiten ein. Wenn gegenüber früheren Vernehmungen zwischenzeitlich Widersprüchlichkeiten aufgetreten seien, so läge das auch daran, dass er früher nervös gewesen und vom Dolmetscher nicht richtig verstanden worden sei; dann habe er schnell etwas gesagt gehabt, und so manches sei falsch übertragen worden; heute sei er jedenfalls sicher in der Lage, die Fälle zu trennen. Es sei auch früher missverstanden worden, was er darüber gesagt habe, wie sich die SS-Leute mit Gold und Schmuck bereichert hätten. Er wolle das jetzt einmal klarstellen: In Sobibor sei die Beschaffung von Gold und Wertsachen kein Problem gewesen. Sehr viele Leute seien dort getötet worden, es habe eine Kiste gegeben, wo Schmuck und Gold hineingetan und dann zur sogenannten Kasse gebracht worden sei. Alle deutschen SS-Männer hätten soviel Schmuck an sich nehmen können, wie nur möglich. Das sei dort im Lager eine ganz normale Sache gewesen. Wenn der eine oder andere in Ferien gefahren sei, habe er soviel wie möglich mitgenommen und sich Schmuck angeeignet. Wenn von anderen geschildert worden sei, es seien goldene Fahrräder gemacht worden, goldene Schlittschuhe oder ähnliches, dann sei das alles falsch. Gold so zu schmelzen, dass man es im Fahrradrahmen hätte verstecken können, sei nicht möglich gewesen, auch nicht nötig, denn jeder SS-Mann habe sich ohnehin mitnehmen können, was er gewollt habe. Sicher sei, dass für jeden ein Ring hergestellt worden sei, aus Silber mit Gold und SS-Runen gearbeitet wie bei einem Siegelring. Wenn es sich in seiner Vernehmung vom Januar 1966 so lese, als habe er speziell für Frenzel viel gearbeitet, und wenn es sich im Stangl-Verfahren so darstelle, als habe er speziell für Stangl viel gearbeitet, von dem er im Hagener Verfahren behauptet haben solle, jener sei ganz korrekt gewesen, habe sich nichts machen lassen, so sei das alles falsch. Alle hätten sich gleichviel machen lassen. Er selbst verstehe nicht, was 1966 bei seiner Aussage herausgekommen sei, schliesslich habe er für alle gearbeitet und im Probationsverfahren klargestellt, dass er früher vielleicht missverstanden worden sei.

 

Richtig sei, dass Miriam Novitch 1966 ihn im Hotel besucht und versucht habe, ihn, wie auch andere Zeugen, dahingehend zu beeinflussen, man solle über Dinge berichten, die es seines Erachtens nicht gegeben habe. Bei ihm sei sie aber nicht erfolgreich gewesen.

 

416 Im Urteil auch Josef Kopp genannt.