Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.685

 

verwiesen werden. Schuldausschliessungsgründe, insbesondere Notstand oder Befehlsnotstand, lagen nicht vor.

 

Aus den ebenfalls bereits bei dem die Tötung der 47 Fallschirmagenten betreffenden Fall erörterten Gründen ist die Beteiligung des Angeklagten an der Tat auch hier als eine natürliche Handlungseinheit, daher als eine Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 14 Personen anzusehen.

 

Allgemeine Feststellungen zu den Fällen D I 4.) bis 8.) (Fälle D I 255, 256, 259, 260, 261 der Anklage); "offizielle Exekutionen"

 

Im Konzentrationslager Mauthausen wurde während des Krieges eine grosse Anzahl von Häftlingen exekutiert, d.h. sie wurden aufgrund von Anordnungen des Reichssicherheitshauptamtes getötet. Die genaue Anzahl der auf diese Weise getöteten Häftlinge ist nicht bekannt. In einem Buch mit dem Titel "Exekutionen K.L.M.", welches bei einer nicht bekannten Stelle im Konzentrationslager Mauthausen handschriftlich geführt wurde, sind für die Zeit von Mitte 1940 bis Mitte 1944 insgesamt gegen 2000 Häftlinge als exekutiert aufgeführt.

 

Die Tötungsarten waren verschieden: In der ersten Zeit wurden die Häftlinge meistens auf der sogenannten Richtstätte, die etwa hinter Block 20 ausserhalb des Lagerzaunes lag, erschossen. In einzelnen Fällen fanden auch Erhängungen statt, und zwar entweder auf der Richtstätte oder vor den versammelten Häftlingen im Lager.

Später, als die Zahl der Tötungsanordnungen anstieg, wurden andere, "rationellere" Tötungsmethoden gewählt. Die Häftlinge wurden in einer Genickschussanlage in einem Vorraum des Krematoriums erschossen, in der Gaskammer, die ebenfalls im Krematoriumsbau eingerichtet worden war, durch Giftgas getötet, oder in einem Gaswagen, der vom Lager Mauthausen zum Nebenlager Gusen und zurück fuhr, durch die ins Innere des Wagens geleiteten Abgase des Motors getötet. Über die Tötungen im Rahmen der sogenannten "Häftlingseuthanasie" wird unten Näheres ausgeführt. Die Anlässe für die Tötungsanordnungen sind nur teilweise bekannt. So wurden z.B. ausländische Zivilarbeiter die irgendeine damals als "Verbrechen" geltende Handlung vorgenommen hatten, z.B. mit einer deutschen Frau geschlechtlich verkehrt hatten, ins Konzentrationslager eingewiesen und exekutiert. In solchen Fällen beantragte in der Regel die einweisende Polizeidienststelle die Exekution beim Reichssicherheitshauptamt. Bis zur Exekutionsanordnung wurden die Häftlinge im Konzentrationslager untergebracht. Auf den Personalakten wurde der Vermerk "Sonderbehandlung beantragt" angebracht.

 

Ferner gab es die sogenannte "Aktion K". Diese Aktion war durch Erlass des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD vom 4.März 1944 eingeleitet worden. Dieser Erlass, der seinerseits auf einem Erlass des Oberkommandos der Wehrmacht beruhte, betraf die Behandlung wiederergriffener flüchtiger Kriegsgefangener, Offiziere und nichtarbeitender Unteroffiziere. Er schrieb vor, dass die Staatspolizeileitstellen von den Kriegsgefangenenlagern die wieder ergriffenen flüchtigen kriegsgefangenen Offiziere zu übernehmen und ins Konzentrationslager Mauthausen zu überführen hätten. Der Lagerkommandantur Mauthausen musste mitgeteilt werden, dass die Überstellung im Rahmen der Aktion "Kugel" erfolgte. Diese Personen wurden, wie der Erlass ausdrücklich anordnete, nicht unmittelbar aus den Kriegsgefangenenlagern nach Mauthausen transportiert, sondern "Im Interesse der Tarnung" zunächst der örtlich zuständigen Staatspolizeistelle übergeben. Der Erlass ordnete ferner an, dass wiederergriffene flüchtige britische und amerikanische Offiziere und nichtarbeitende Unteroffiziere nicht unter diese Aktion fielen.

 

Die im Rahmen der "Aktion K" im Konzentrationslager eingelieferten Häftlinge wurden nicht zu Aussenarbeiten herangezogen. Sie wurden in der Regel gesondert untergebracht, meist in