Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.677

 

gegeben haben. Die Ankommenden hätten Karten schreiben müssen etwa des Inhalts, sie seien hier angekommen, gingen gleich zum Duschen, es sei ein sehr angenehmer Ort und sie kämen dort zur Arbeit. Die Kranken seien allerdings teilweise in Loren geworfen und weggefahren worden. Im Lager habe es einen entsetzlichen Gestank gegeben von verbrannten Haaren und Knochen. Sie habe gleich am ersten Abend ihren jetzigen Mann kennengelernt. Sie sei während der Lagerzeit beim Sortieren der Kleider zumeist eingesetzt gewesen; sie hätte aber auch bei anderen Arbeiten mitarbeiten müssen, so beim Fällen von Bäumen im Wald oder beim Füllen der Loren mit Sand. Es sei dann immer jemand mit der Peitsche da gewesen, der sie angetrieben habe.

 

So wie sie schon in der ersten bekannten Vernehmung vom 14.August 1945 in Zwolle bekundet hat, 3 Wochen nach ihrer Ankunft im Lager seien 72 niederländische Männer erschossen worden, deren Plan zur Flucht verraten worden sei, ist sie auch in der jetzigen Vernehmung von sich aus sofort auf diesen Fall eingegangen. Über die Beteiligung des Angeklagten hat sie jetzt keine konkreten Einzelheiten mehr schildern können, auch die Erörterung früherer Vernehmungsinhalte hierzu hat keine weitere Aufklärung gebracht. Auch andere, als vage Kernerinnerung geschilderten Vorgänge sind mit der Zeugin besprochen worden; es hat sich gezeigt, dass sie mit ihrem Ehemann weitgehend in den Bekundungen übereingestimmt hat.

 

Auch sie hat sich darüber erklärt, ob es eine Rangfolge unter den Deutschen gegeben habe, auf die Frage nämlich, wie sie jene eingeschätzt habe. Schon früher habe sie Wagner, Frenzel und G. als diejenigen genannt, vor denen sie die meiste Angst gehabt hätte; das träfe heute noch zu. K., der mit Schuhen zu tun gehabt habe, habe ein weiches Herz gehabt, sei geradezu bedrückt gewesen, ohne Engagement im Lager. So etwas habe sie bei Frenzel nun nicht bemerkt, auch könne sie sich nicht vorstellen, dass Frenzel bei einem Arbeitsjuden beliebt gewesen sei.

 

An dem Abend des Ankunftstages hätten sie tanzen müssen, Frenzel habe es angeordnet gehabt. Einige hätten Musik machen müssen und er habe dabeigestanden, jedenfalls eine Zeitlang. Seinerzeit habe sie ihren Ehemann kennengelernt. Sie wisse, dass es im Lager Tierhaltung gegeben habe. Für die Schweine sei ein Häftling zuständig gewesen. Als einmal ein Schwein verendet gewesen sei, sei der Verantwortliche halb totgeschlagen worden. Den Namen wisse sie nicht mehr. Wenn sie im Wiederaufnahmeverfahren gegen G. 408 ausdrücklich erklärt habe, sie wisse, dass der Schweinehirt Shol Stark getötet worden sei, nur nicht, ob G. oder Frenzel das getan hätten, so habe sie damals eine bessere Erinnerung als heute gehabt. Für die Pferde sei der Zeuge Ler. zuständig gewesen.

 

Mit der Zeugin ist anhand einzelner Passagen früherer Aussagen zu bekannten Einzelvorfällen erörtert worden, dass sie sich nicht immer konstant erklärt habe, wenn es um die Benennung der deutschen Wachmänner als Handelnde gegangen sei. So habe sie z.B. im G.-Verfahren den dort Angeklagten G. dafür benannt, dass er bei der Exekution der aus dem Waldkommando zurückgebrachten derjenige gewesen sei, der Nachschüsse gegeben habe, während sie im Ermittlungsverfahren und jetzt wieder den Angeklagten Frenzel hierfür benannt habe. Die Zeugin hat hierzu gemeint, sie - die SS-Männer - seien alles Schweine gewesen, und nun wisse sie nicht mehr, wer was gemacht habe, nur noch von herausragenden Ereignissen könne sie das sicher sagen.

 

Frenzel und Wagner seien im Lager die schrecklichsten Leute gewesen, und sie habe früher bei Aussagen die beiden zum Teil verwechselt. Wenn sie gefragt werde, ob sie denn in der

 

408 Siehe Lfd.Nr.885.