Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXI

Verfahren Nr.694 - 701 (1968 - 1969)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.700 LG Dortmund 16.01.1969 JuNSV Bd.XXXI S.675

 

Lfd.Nr.700    LG Dortmund    16.01.1969    JuNSV Bd.XXXI S.675

 

45 Ks 2/68

 

Im Namen des Volkes

 

 

Strafsache gegen

 

den Reiseleiter Herbert An. 398, geboren am 3.3.1911 in Linz/Donau, zuletzt wohnhaft gewesen in Wien 10, Staatsangehörigkeit ungeklärt, geschieden,

 

wegen Beihilfe zum Mord.

 

Das Schwurgericht II bei dem Landgericht in Dortmund hat auf Grund der Hauptverhandlung vom 3., 6., 9., 10., 13. und 16.Januar 1969 am 16.Januar 1969 für Recht erkannt:

 

Der Angeklagte wird wegen Beihilfe zum Mord zu 2 - zwei - Jahren und 6 - sechs - Monaten Zuchthaus verurteilt.

Die Freiheitsentziehung (ab 3.Mai 1967) wird angerechnet.

Die Kosten des Verfahrens einschliesslich der notwendigen Auslagen des Angeklagten werden ihm auferlegt.

 

 

GRÜNDE

 

I. Der Lebenslauf des Angeklagten

 

Der jetzt 57 Jahre alte Angeklagte ist am 3.März 1911 in Linz a.d. Donau (Österreich) ausserehelich geboren. Seine Mutter war vor seiner Geburt als Verkäuferin in einem Geschäft in Linz tätig. Kurz vor der Geburt des Angeklagten verzog sie nach Salzburg, wo sie mit einer Schwester bei ihrer Mutter lebte und ebenfalls wieder als Verkäuferin tätig wurde. Der Angeklagte wuchs im Haushalt der Grossmutter in Salzburg auf. Seinen Vater lernte er erst im Jahre 1938 kennen.

 

Der Angeklagte besuchte von Frühjahr 1917 bis zum Jahre 1922 fünf Jahre lang eine Volksschule in Salzburg. Anschliessend ging er sieben Jahre lang zur Realschule in Salzburg. In dieser Zeit wurde er Mitglied einer nationalen Studentenverbindung. Der Angeklagte erbrachte in der Schule durchschnittliche Leistungen. Im Jahre 1929 legte er die Matura (Reifeprüfung) ab, die ihn zum Hochschulstudium berechtigte. Aus finanziellen Gründen war er jedoch nicht in der Lage, ein Studium aufzunehmen. Er besuchte deshalb im Verlaufe eines weiteren Jahres zwei Semester lang eine kaufmännische Kanzleifachschule, von der er ein Abschlussdiplom erhielt. In der Folgezeit wurde er während der Sommermonate als Hotelsekretär in Bad Ischl tätig, während er in den Wintermonaten saisonbedingt arbeitslos war. In der Zeit von Winter 1934 bis zum März 1938 hatte er eine Stelle als Hotelsekretär in Sölden (Ötztal) inne. Der Angeklagte verzog im Jahre 1934 nach Innsbruck, wo er auch seine spätere Ehefrau kennenlernte und vorübergehend eine Vertretertätigkeit ausübte. Am 13.August 1934 heiratete er in Innsbruck die Traudl Müh. Die Ehefrau des Angeklagten trug in der Folgezeit durch Teppichreparaturen mit zum Unterhalt bei. Aus der Ehe des Angeklagten ist ein jetzt 27-jähriger Sohn hervorgegangen, der zur Zeit in Innsbruck lebt.

 

 

398 Rechtskräftig durch Beschluss des BGH vom 3.10.1969, 4 StR 220/69.