Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.673

 

politischen Abteilung, der Zurückweisung des Protestes des Zeugen Stro., schliesslich der Vorbereitung, Erstellung und Absendung der Tatberichte.

 

Alle diese Einzelakte stellen sich jedoch bei natürlicher Betrachtungsweise als Bestandteile einer einheitlichen Handlung dar. Sie beruhten nämlich auf einem einheitlichen Entschluss des Angeklagten, hingen auch zeitlich und räumlich zusammen und dienten einem einheitlichen Zweck, nämlich der Erledigung der büromässigen Arbeiten, die für Schul. mit der Registrierung der Aufnahme und des Todes der Häftlinge in seiner Eigenschaft als Leiter der politischen Abteilung und Bearbeiter der unnatürlichen Todesfälle verbunden waren. Jede dieser einzelnen Handlungen ist für sich genommen unselbständig und stellt sich der natürlichen Betrachtung als Bestandteil einer einheitlichen Handlung Schul.s dar (§73 StGB).

 

3.) Tötung von 14 Häftlingen der "Welser Gruppe" im Steinbruch "Wiener Graben" am 18. und 19.September 1944

(Fall D I 56 - 69 der Anklage)

 

a) Tatsächliche Feststellungen

 

Am 18. und 19.September 1944 wurden im Steinbruch des Konzentrationslagers Mauthausen 14 österreichische Kommunisten, die aus der Gegend von Wels stammten, getötet.

 

Im einzelnen kam es dazu wie folgt: Ende August oder Anfang September 1944 unternahm die Geheime Staatspolizei in Linz und Wels eine "Aktion" gegen Kommunisten, die sich angeblich staatsfeindlich betätigten. Am 7.September 1944 nahmen Angehörige der Gestapo und des SD in der Umgebung von Linz und Wels eine Anzahl solcher Personen fest und schafften sie zu der Gestapoleitstelle nach Linz. Ein Teil dieser Personen, es handelte sich um 15 Männer, wurde mit einem Lastkraftwagen nach Mauthausen in das Konzentrationslager geschafft. In den folgenden Tagen wurden noch eine Reihe weiterer Personen, die den damaligen Machthabern verdächtig erschienen, festgenommen und teilweise ebenfalls nach Mauthausen geschafft. Die genaue Anzahl der im Verlaufe dieser Aktion verhafteten und ins Konzentrationslager Mauthausen eingelieferten Personen ist nicht festgestellt.

 

Nachdem die erste, aus 15 Männern bestehende Gruppe der Häftlinge ins Konzentrationslager Mauthausen eingeliefert worden war, mussten diese Häftlinge zunächst an der Mauer innerhalb des Lagers neben dem Haupteingang mit dem Gesicht zur Wand Aufstellung nehmen. Dort mussten sie während längerer Zeit, auch nachtsüber, stehen bleiben, ohne dass sie etwas zu essen oder zu trinken erhielten. Sie wurden von SS-Angehörigen bewacht, die sich von Zeit zu Zeit ablösten. Währenddessen führten Angehörige der Gestapoleitstelle Linz, darunter der nicht ermittelte Kriminalassistent Burghard Pöttscher, sowie der Angeklagte Schul. und Unterführer der politischen Abteilung Vernehmungen der eingelieferten Häftlinge durch. Die Häftlinge sollten Angaben über die Tätigkeit der kommunistischen Untergrundbewegung im Raume Wels machen. Einer der Häftlinge, namens Karl Scharer, wurde während des Stehens an der Mauer und während der Vernehmungen derart geschlagen und getreten, dass er zusammenbrach und nicht mehr vernehmungsfähig war. Er wurde ins Häftlingsrevier eingeliefert, wo er wenige Tage später starb. Als Todesursache wurde im Totenbuch eingetragen: "Contusion universalis et pectoris".

 

Am 21.September 1944 sandte der Angeklagte ein von ihm unterschriebenes "Beileidsschreiben" an die Ehefrau Scharer, welches folgenden Wortlaut hatte:

"Sehr geehrte Frau Scharer!

Ihr Ehegatte Karl Scharer wurde, als er sich krank meldete, unter Aufnahme in den Krankenbau in ärztliche Behandlung genommen. Es wurde ihm die bestmögliche medikamentöse und pflegerische Behandlung zuteil. Trotz aller