Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.665

 

über Wagner berichtet, dass derjenige an der Müllgrube jemanden erschossen haben soll, unter den gleichen Umständen, wie Frenzel getötet haben soll.

 

Beim Aufstand sei es so gewesen, dass Frenzel schon kurz zuvor nicht mehr in Erscheinung getreten sei. Als die Leute zum Waffenlager gelaufen seien, habe Frenzel schliesslich hinter einem Fass gestanden und geschossen, er glaube mit einer Maschinenpistole. Es könne aber auch sein, dass er nur mit einer Pistole geschossen habe. Auch dieser Zeuge hat zu berichten gewusst, es habe so etwas wie ein Orchester im Lager gegeben, das wohl gespielt habe, damit sie nicht so viel überlegen sollten. Dann sei so etwas wie Tanzmusik gespielt worden. Es habe allerdings auch einen Trompeter im Lager gegeben, der morgens und abends zum Appell "geblasen" habe. Hinsichtlich des Kapo Bunio zeigt sich der Zeuge irrtumsanfällig, meint jetzt, der sei im Zuge der Vorbereitungen des Aufstandes getötet worden; auf den Vorhalt, 1965/66 habe er ihn als Lebenden zum Aufstand in Erinnerung gehabt, verweist er auf fehlende Vorstellung hierzu.

 

Mit dem Zeugen ist besprochen worden, dass er 1962 in einer Vernehmung, im Verlaufe derer ihm die weitgehend vollständige Liste der Namen deutscher Lagerangehöriger vorgelesen worden war, nur die Namen Wagner, Frenzel und Müller gekannt und Frenzel damals dahingehend charakterisiert habe, dass jener ein Mann gewesen sei, der die Gefangenen-Arbeiter sehr oft misshandelte, viele Verbrechen begangen habe; er hat überzeugend erklärt, damals sei nur eine pauschale Beschreibung verlangt worden. In der jetzigen Hauptverhandlung habe er sich um genaue Angaben bemüht.

 

Den Angeklagten habe man im Lager dadurch erkennen können, dass er ständig herumgebrüllt habe.

 

Der Zeuge Jakob Biz. (1926 geboren) hat ausgesagt, er sei Ende April / Anfang Mai 1942 nach Sobibor gekommen. Er sei eingangs mit eingesetzt gewesen, Reisig aus den umliegenden Wäldern zu holen und in den Zäunen einzuflechten. Frenzel sei besonders dadurch aufgefallen, dass er immer so geschrieen habe, er sei kilometerweit zu hören gewesen. Nach kurzer Zeit sei er als Tischler eingesetzt gewesen. Er sei dann zusätzlich nach einigen Monaten beim Bahnhofskommando eingesetzt gewesen, vielleicht 8 oder mehr Monate lang. Er habe dann abwechselnd als Tischler und - bei Ankunft von Transporten - im Bahnhofskommando gearbeitet. Im Lageralltag seien es Wagner und Frenzel gewesen, die dort zu sagen gehabt hätten. Sie hätten gemacht, was sie wollten. Frenzel sei immer im Lager I gewesen, er habe ihn auch einmal geschlagen. Frenzel sei auch für das Bahnhofskommando zuständig gewesen, Wagner habe ihn vertreten, wenn er in Urlaub gewesen sei. Die Zusammensetzung der Kommandos habe sich geändert, weil einzelne Juden in der Zwischenzeit getötet worden seien, zum Lager III gebracht und erschossen worden seien. Er berichtet, an der Bahnrampe sei auch geschossen worden; das sei geschehen, damit es möglichst schnell gegangen sei; dieserhalb seien auch Kranke auf die Loren geworfen worden.

 

Frenzel sei auch im Lager II aufgetaucht; er sei überall herumgerannt und seine Stimme sei kilometerweit zu hören gewesen. Frenzel und Wagner seien praktisch die Chefs des Lagers gewesen. Sie habe man am meisten gesehen. Er könne nicht sagen, ob Frenzel auch ins Lager III gegangen sei. Dort seien wohl Paul Groth, Bauer, Bol. zuständig gewesen. Vor Wagner hätten sie am meisten Angst gehabt; wenn er da gewesen wäre, hätte es keinen Aufstand gegeben.

 

Soweit es besondere Transporte angehe, die angekommen seien, könne er sich daran erinnern, dass einmal Menschen in gestreifter Kleidung gekommen seien. Von denen habe es geheissen, die seien aus einem anderen Lager überstellt worden. Das seien nur Männer gewesen, einige 100; sie - die Arbeitshäftlinge von Sobibor - seien bei der Abwicklung jenes Transportes im Lager I eingeschlossen gewesen. Die Ankommenden seien in kleinen Gruppen