Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.656

 

Ebenso verständigte Ziereis den Schutzhaftlagerführer bzw. dessen Vertreter. Weiterhin wurden die vorgesehenen Kommandoführer und vielleicht auch die übrigen beteiligten SS-Leute und Kapos verständigt, ohne dass im Einzelnen aufgeklärt werden konnte, wie dies geschehen ist.

 

Nachdem die 47 Fallschirmagenten im Lager eingetroffen waren, mussten sie zunächst in der üblichen Weise Aufstellung nehmen, damit die Aufnahmeformalitäten erledigt werden konnten, was auch geschah. Die politische Abteilung erhielt die Personalpapiere der Häftlinge und nahm die Häftlinge in der üblichen Weise in den Lagerbestand auf. Anschliessend aber wurden diese Häftlinge nicht - wie sonst üblich - auf die einzelnen Blöcke verteilt, sondern im Arrestbau, im sogenannten "Bunker", untergebracht. Dies geschah deshalb, weil diese Gruppe von Häftlingen ja nicht lange am Leben bleiben sollte, so dass ihre Einweisung auf einen der Blöcke überflüssig war. Am 6.September 1944 wurde aus diesen 47 Häftlingen ein Kommando gebildet, welches entweder dem ehemaligen SS-Unterscharführer Go. oder dem ehemaligen Unterscharführer Fül. unterstand. Auch ein Kapo wurde dem Kommando zugeteilt. Sowohl der Kommandoführer als auch der Kapo waren darüber unterrichtet, was mit den Häftlingen zu geschehen hatte. Die Häftlinge mussten vom Lager aus über die Lagerstrasse, an dem Weg am Rande des Steinbruchs entlang zur Treppe, die in den Steinbruch führt, und diese Treppe hinab in den Steinbruch marschieren. Sie waren mit Tragen ausgerüstet. Als sie unten im Steinbruch angekommen waren, musste jeder von ihnen einen der sehr schweren Granit-Steine auf die Trage nehmen und damit die Treppe hinaufmarschieren.

 

Der Weg von der Lagerstrasse zum oberen Rand der Treppe in den Steinbruch führte am Rande des Steinbruchs entlang. Die rechte Seite des Weges - vom Lager aus gesehen - war durch einen Drahtzaun und eine Postenkette gesichert. Ungefähr an der Stelle, wo die Lagerstrasse nach rechts in diesen Weg einbiegt, stand ein Wachturm. Ungefähr 20 oder 30 Meter weiter stand ein Zwischenposten. Ein zweiter Wachturm stand etwas oberhalb der Treppe. Auf den Türmen standen mit Maschinenpistolen bewaffnete SS-Leute. Der Zwischenposten war mit einem Gewehr bewaffnet. In der Nähe dieses Zwischenpostens befand sich eine Öffnung in dem Zaun, die dadurch entstanden war, dass die waagerecht verlaufenden Drähte heruntergetreten waren. Möglicherweise wurde dieses Loch gewöhnlich von SS-Leuten dazu benutzt, um einen abkürzenden Weg aus dem Lager heraus zu den jenseits des Lagers gelegenen Bauernhöfen zu nehmen. Die Absicherung des Weges zum Steinbruch wurde regelmässig in der beschriebenen Weise vorgenommen, weil regelmässig zahlreiche Kommandos verschiedene Arbeiten im Steinbruch verrichteten. Es hat sich nicht feststellen lassen, dass die Posten an diesem Tage darüber unterrichtet worden waren, dass die 47 Fallschirmagenten getötet werden sollten. Ebenso hat sich nicht feststellen lassen, dass die Postenkette an diesem Tag besonders verstärkt worden wäre.

 

Die Häftlinge wurden von dem Kommandoführer und Kapo ständig zur Eile angetrieben, beschimpft, geschlagen und gehetzt. Möglicherweise waren noch andere SS-Leute, eventuell ein zweiter Kommandoführer und ein weiterer Kapo, dabei, welche sich daran beteiligten. Nach und nach gerieten die Häftlinge, je nach ihrer Konstitution, ans Ende ihrer Kräfte. Einige von ihnen liessen vor Erschöpfung die Steine von den Tragen fallen, andere liefen vor Verzweiflung in Richtung auf den elektrischen Draht, in der Erwartung, von den Posten erschossen zu werden. Es kann auch sein, dass der eine oder andere aus Verzweiflung sich über den Rand des Steinbruchs zu Tode stürzte. Ein grosser Teil dieser Häftlinge kam auf diese Weise am 6.September 1944 um. Wahrscheinlich waren es 19. Diejenigen, welche diese Tortur bis zum Abend überstanden hatte, wurden in zwei Zellen des Bunkers zusammen gepfercht und eingesperrt.

 

Der Zeuge Her., der als Häftling in der Lagerschreibstube arbeitete und die Todesmeldungen zu schreiben hatte, wandte sich an den Schutzhaftlagerführer Bachmayer mit der Bitte, die