Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.634

 

Spätestens ab der Jahreswende 1939/40 bis etwa Ende März 1940 war der Angeklagte einer von mehreren Arbeitskommandoführern, die beim Aufbau des Nebenlagers Gusen tätig waren. Das Verhalten des Angeklagten beim Aufbau von Gusen ist Gegenstand dieses Verfahrens und wird bei den Feststellungen zur Tat noch eingehend gewürdigt werden. Hier soll zum allgemeinen Aufgabenbereich eines Kommandoführers grundsätzlich nur folgendes - und mit der Einlassung des Angeklagten übereinstimmend - festgestellt werden:

Der Kommandoführer bekam zur Durchführung einer bestimmten Arbeit ein bereits zusammengestelltes Arbeitskommando. Er brauchte sich also nicht darum zu kümmern, die für die durchzuführende Arbeit ihren Berufen nach geeigneten Häftlinge anzufordern oder auszusuchen. Der Kommandoführer übernahm morgens nach dem Appell und nach Formierung der Arbeitskommandos auf dem Appellplatz sein Arbeitskommando und führte es zu dem Ort, an dem die entsprechende Arbeit zu verrichten war. Waren Bauarbeiten durchzuführen, dann überwachte ein Angehöriger der SS-Bauleitung die durchzuführenden Arbeiten. Ansonsten war dies Aufgabe des Kommandoführers. Handelte es sich um ein kleines Arbeitskommando, dann war es auch Aufgabe des Kommandoführers dafür zu sorgen, dass keiner der Häftlinge flüchtete. In einem solchen Falle unterstanden dem Kommandoführer auch die dem Kommando mitgegebenen Wachposten. Handelte es sich jedoch um ein grösseres Kommando, für das eine kleinere oder grössere Wacheinheit erforderlich war, dann unterstand diese Wacheinheit nicht dem Kommandoführer, sondern einem Unterführer oder Führer der Wacheinheit selbst. In einem solchen Falle war es dann auch Aufgabe des Führers der Wacheinheit Fluchtversuche von Häftlingen zu verhindern, so dass der Kommandoführer in einem solchen Falle hierfür nicht verantwortlich war.

 

Der Kommandoführer hatte vornehmlich die Aufgabe, die Häftlinge zur Arbeit anzuspornen. Er sollte auf die Einhaltung der üblichen Pausen achten und für die Ausgabe der Verpflegung sorgen. Handelte es sich um ein Kommando, dass durch seine Arbeit mit Zivilisten in Berührung kam, so war es Aufgabe des Kommandoführers Kontakte zu verhindern. Nach beendeter Arbeit hatte der Kommandoführer am Spätnachmittag das Arbeitskommando zum Lager zurückzuführen und am Jourhaus dem Blockführer v.D. zu übergeben. Hierbei musste der Kommandoführer den morgens vom Arbeitsdienstführer empfangenen und ausgefüllten Arbeitsdienstzettel, auf dem die Stärke des Kommandos und die Stärke der Wacheinheit enthalten war, übergeben. Die Häftlinge wurden dann vom Blockführer und vom Kommandoführer durchgezählt. Stimmte die Anzahl, übernahm der Blockführer v.D. das Kommando und die Tätigkeit des Kommandoführers war damit beendet. In dem Arbeitsdienstzettel war auch enthalten, ob während der Arbeit vom Beginn des Ausrückens bis zum Einrücken Häftlinge verstorben oder bei einem Fluchtversuch erschossen worden waren. Ebenso war enthalten, wenn ein Häftling mit Erfolg geflüchtet oder aber aus irgendwelchen Gründen von einer Abteilung des KL vom Kommando abgeholt worden war.

 

Frühestens ab Mitte März 1941 130 - zu dem Zeitpunkt, als das Lager Gusen soweit fertiggestellt war, dass dort Häftlinge bleiben konnten - bis Januar 1941 war der Angeklagte Rapportführer in Gusen unter dem Lagerführer Chmielewski. Über die Stellung und Tätigkeit eines Rapportführers ist bereits das Erforderliche gesagt worden. Irgendwelche Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rapportführer werden dem Angeklagten in diesem Verfahren nicht gemacht.

 

Nachdem der Angeklagte Januar 1941 einen Schiesskurs absolviert und im Anschluss daran seinen Jahresurlaub genommen hatte, meldete er sich noch im Frühjahr 1941 (wahrscheinlich im März) freiwillig zur Fronttruppe und kam nach kurzer Ausbildung zum Fronteinsatz.

 

130 Richtig wohl: 1940.