Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.609

 

nur, dass ihm strengstens Geheimhaltung auferlegt war, er sich nicht seiner Familie, insbesondere seiner Ehefrau, mitteilen durfte.

 

V. Freisprechungsfälle

 

Dem Angeklagten sind in der Anklageschrift und im Eröffnungsbeschluss eine Vielzahl von Einzeltaten zur Last gelegt worden, die als rechtlich selbständig neben dem Vorwurf der allgemeinen Beteiligung stehend behandelt worden sind. 23 dieser Fälle sind durch Beschlüsse des Schwurgerichts Hagen vom 18.08. und 22.09.1966 nach §154 Abs.2 StPO vorläufig eingestellt worden; ihre Wiederaufnahme hat die Kammer in dem jetzigen Verfahren abgelehnt; den Angeklagten hat sie darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob er als Mittäter oder Gehilfe sich am Gesamtvernichtungsvorgang beteiligt hat, auch Einzelfälle herangezogen werden können, die eingestellt sind. Soweit das geschehen ist, sind die hierzu vorstehend getroffenen Feststellungen entsprechend kenntlich gemacht worden.

 

Im Urteil vom 20.Dezember 1966 352 ist der Angeklagte von 10 Vorwürfen, die ihm in Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss als Einzelfälle zur Last gelegt worden waren, rechtskräftig freigesprochen. Andere Einzelfälle sind wiederum als in Tateinheit mit dem Vorwurf der allgemeinen Beteiligung stehend (im Fall 13) abgeurteilt worden. Soweit das auch in diesem Urteil geschehen ist, sind diese Vorwürfe im Abschnitt IV. entsprechend kenntlich gemacht. Ausgenommen hiervon ist der Freisprechungsfall 34, nachstehend unter 1.

 

Weitere 6 Vorwürfe, die in Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss als selbständig neben dem Vorwurf der allgemeinen Beteiligung bei der Mitwirkung am Vernichtungsbetrieb insgesamt behandelt worden sind und die im Urteil vom 20.Dezember 1966 zur Verurteilung des Angeklagten geführt haben, waren - mit Ausnahme des Falles 32 - wiederaufgenommen worden und Gegenstand der jetzigen Hauptverhandlung. In diesen, nachstehend unter nachfolgend 2. bis 6. dargestellten Fällen ist der Angeklagte freigesprochen worden; der Einzeltötungen, die ihm insoweit zur Last gelegt worden sind, ist er nicht für überführt erachtet worden.

 

1. Fall 34

- im Urteil vom 20.Dezember 1966 unter Fall 13 behandelt - 353

 

Im Fall 34 der Anklageschrift wird dem Angeklagten Frenzel zur Last gelegt, gemeinsam mit Bol. und anderen ehemaligen Angehörigen der Lagermannschaft von Sobibor im Sommer 1942 an der Erschiessung und Erhängung von etwa 200 Juden aus Biala-Podlaska teilgenommen zu haben.

 

Das Schwurgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:

 

Wahrscheinlich am 10.Juni 1942 traf in Sobibor ein Transport mit Juden aus Biala-Podlaska ein. Es handelte sich dabei um einen besonders grossen, etwa 3.000 Menschen umfassenden Transport. Die Angekommenen wussten nicht, dass sie in ein Vernichtungslager gekommen waren. Einer von ihnen übergab an der Rampe den Deutschen eine Bittschrift, in der um gute Behandlung der Ankommenden gebeten wurde. Wegen dieser als "Unverschämtheit" der Juden aufgefassten Bitte wurde angeordnet, dass ein Teil dieser Häftlinge eine Sonderbehandlung erfahren sollte. Es ist nicht bekannt geworden, von wem diese Anordnung getroffen wurde, es ist aber davon auszugehen, dass sie auch damit zusammenhing, dass zu jener Zeit

 

352 Siehe Lfd.Nr.642a.

353 Siehe auch Bd.XXV S.118 ff.