Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.607

 

Der Ausbau des Lagers begann 1939 und war 1941 im wesentlichen abgeschlossen. Jedoch wurden fortlaufend bauliche Veränderungen und Erweiterungen vorgenommen. So war beispielsweise noch gegen Kriegsende ein neuer Krankenbau in Angriff genommen worden, der bei der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen im Mai 1945 noch nicht völlig fertiggestellt war. In seinem letzten Bauzustand sah das Lager - wie zugleich anhand der anliegenden Skizze verglichen werden kann - wie folgt aus:

 

Das eigentliche Schutzhaftlager erstreckte sich in Form eines nicht ganz regelmässigen Rechtecks mit den Ausmassen von 85 x 210 m in seiner Längsrichtung von Norden nach Süden. An seine nördliche Schmalseite schloss sich der SS-Bereich mit Führerheim, Kantine, Magazin, Unterkunftsbaracken, Kommandantur und politischer Abteilung an. Dieser SS-Bereich erstreckte sich bis kurz vor den Rand des Steinbruches "Wiener-Graben".

Das Häftlingslager war zum Teil durch eine hohe Granit-Steinmauer mit elektrisch geladenem Stacheldrahtaufsatz, zum Teil durch mehrere Meter hohen, gleichfalls starkstromführenden Stacheldraht ohne Mauerwerk eingezäunt. Entlang dieser Umzäunung erhoben sich in Abständen mit Maschinengewehrposten besetzte Wachtürme aus Stein oder Holz. Den Eingang zum Lager bildete das zwischen zwei mächtigen Turmaufbauten eingelassene Lagertor. In einem der beiden Türme war das sog. Jourhaus untergebracht. Innerhalb des Lagers erstreckte sich vom Tor aus ein weiter leerer Platz in die Tiefe des in dieser Richtung (Süd-Ost) ansteigenden Geländes: der Appellplatz. Hier fanden die täglich mehrmaligen Zählappelle statt.

 

An den Appellplatz schlossen sich links die ebenerdigen, etwa 45-50 m langen Holzbaracken der Häftlinge in Reihen von je 5 Stück an. Zwischen den Längsseiten der sog. Blöcke war je ein Zwischenraum von ca. 8 m. An den Schmal-(Giebel-)seiten entlang führten die Lagerstrassen zum Appellplatz. Jede nachfolgende Blockreihe (6-10) (11-15) stand jeweils bis zu 1 m höher als die vorausgehende; der Niveauunterschied zwischen den Blockreihen 11-15 und 16-20 war noch etwas grösser. Jeder Block hatte links eine Stube A und rechts eine Stube B, bestehend je aus einem Schlafraum und einem Aufenthaltsraum. Der Block konnte in der Mitte der dem Appellplatz zugewandten Längsseite durch zwei im Abstand von einigen Metern gesetzten Türen, links die Türe A, rechts die Türe B, betreten werden. Beide Türen führten zu einem 1-2 m tiefen, rechteckigen Vorraum. In Höhe der Türe A gelangte man von hier geradeaus in den Abortraum, in Höhe der Eingangstüre B geradeaus in den Waschraum. Zwischen Abort und Waschraum führte eine 3.Türe in einen kleinen Geräteraum, in der Mitte des Blocks. An den beiden Stirnseiten des Vorraums befanden sich rechts und links die Türen zu den Aufenthaltsräumen der Flügel A und B, die man durchschreiten musste, um zu den an den Kopfseiten des Blocks liegenden Schlafräumen zu gelangen. In einem Teil der beiden Aufenthaltsräume, abgegrenzt durch Spinde, standen die Schlafstellen, sowie Tische und Stühle für das Blockpersonal.

Im Waschraum befanden sich in der Mitte hintereinander 2 grosse und von allen Seiten zugängliche Waschbecken, (Durchmesser etwa 1 m) die sich nach unten zu je einen Fuss verjüngten. Der obere Abstand zwischen beiden Becken betrug etwa 0,80 m. Entlang der linken Wand (von der Tür aus gesehen) reihte sich eine Anzahl von Fusswaschbecken. Ausserdem war im Waschraum normalerweise eine Stehbrause vorhanden. Die Blöcke boten für etwa 200 Leute Platz; in der Regel waren sie jedoch zum Teil um ein mehrfaches überbelegt.

Im Block 1 (erste Baracke links am Appellplatz) war die Lagerschreibstube untergebracht und ab 1943 ein Bordell mit etwa 10 Häftlingsfrauen aus dem Konzentrationslager Ravensbrück. Block 2 war der sogenannte Prominentenblock, wo Schreibstuben und SS-Bedienstete oder anderweitig bevorzugte Häftlinge ihr Quartier hatten. Die Blöcke 5, 19 und 20 dienten zeitweise als Häftlingsreviere. Die Blöcke 16 ff. bildeten das sogenannte obere Lager. Es wurde - nicht ganz zutreffender Weise - auch als Quarantänelager und, weil hier im Oktober 1941 russische Kriegsgefangene zur Einweisung kamen, daneben als Kriegsgefangenenlager (mitunter auch als Russenlager) bezeichnet.