Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.605

 

weiblichen Schutz- oder Vorbeugungshäftlingen), wenn das Wort "verschärft" hinzugesetzt ist, der Strafvollzug auf das unbekleidete Gesäss zu erfolgen hat.

In allen anderen Fällen bleibt es bei dem bisherigen vom Reichsführer-SS angeordneten Vollzug."

 

Als Disziplinarmassnahme gab es weiter das sogenannte Tor- oder Strafstehen.

Die Häftlinge, die mit dieser Massnahme belegt waren, mussten den ganzen Tag über - manchmal bei glühender Hitze ohne Schatten oder in eisiger Kälte - in der Nähe des Lagertores stehen. SS-Unterführer vergnügten sich oftmals damit, die so stehenden Häftlinge zu schlagen oder zu treten.

 

Zu den übelsten Massnahmen gehörte das sogenannte "Pfahlhängen". Dem Häftling, der diese Marter über sich ergehen lassen musste, wurden die Hände mit einem etwa fingerdicken Strick auf dem Rücken zusammengebunden. An diesem Strick wurde der Häftling dann an dem Querbalken einer Baracke oder dem Haken eines in die Erde eingelassenen Pfahls in etwa zwei Meter Höhe aufgehängt, so dass der Körper frei in der Luft schwebte. Das ganze Körpergewicht lastete auf den nach hinten gebogenen Gelenken. Diese Tortur war mit grossen Schmerzen verbunden. Wie der Sachverständige Prof.Dr. Dot. ausführt, bleibt das Bewusstsein des Gemarterten unter zunehmenden Schmerzen zunächst voll erhalten, mindestens 15 Minuten, sehr wahrscheinlich aber noch viel länger, wenn auch eine klare Bewusstseinstätigkeit infolge des zunehmenden Dehnungsschmerzes der Muskulatur nicht mehr möglich ist. In der Periode zwischen voll erhaltenem Bewusstsein und beginnender Eintrübung tritt eine psychische Enthemmung ein. In dieser Phase - dies geht aus verschiedenen Schilderungen hervor - entsteht eine ungewöhnliche Gesprächigkeit. Das Bewusstsein erlischt nicht schlagartig, sondern langsam, je nach der Hängelage, teilweise aber auch vom individuellen Widerstand abhängig. Es kann nicht angenommen werden, dass es länger als 30 Minuten erhalten bleibt. Der Tod tritt sicher nach drei Stunden ein.

 

Ausser den genannten Massnahmen wurden Häftlingsgruppen - in Mauthausen beispielsweise nach dem Attentat auf Heydrich die Tschechen - mit sogenannten "Sporttreiben" geschunden. Die Häftlinge mussten oft stundenlang laufen, rollen, robben und exerzieren. Die SS-Unterführer machten sich dabei einen Spass daraus, die Häftlinge zu treten, zu schlagen oder sonst zu misshandeln. Beim "Sporttreiben" gab es vielfach Tote.

 

Die Verhängung der Strafen erfolgte auf Grund von Meldungen, die dem Rapportführer oder Arbeitsdienstführer vorgelegt und von diesen an den Lagerkommandanten weitergeleitet wurden. Der Kommandant entschied, welche Strafe verhängt werden sollte. Kostentzug, Torstehen und Sporttreiben konnte auch der Schutzhaftlagerführer anordnen. "Sport" wurde mit den Häftlingen allerdings auch von Unterführern ohne die Genehmigung des Schutzhaftlagerführers getrieben.

 

B. Das Konzentrationslager Mauthausen

 

I. Das Hauptlager

 

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde etwa 20 km donauabwärts von Linz in der Nähe der Ortschaft Mauthausen auf einem Hochplateau in der Nähe eines Steinbruchs ein Aussenkommando des Konzentrationslagers Dachau eingerichtet, das wenig später in ein selbständiges Konzentrationslager umgewandelt wurde. Es bestand bis zum 5.5.1945. Ein Teil seiner Bauten ist heute noch erhalten und dient als Gedenkstätte für die im Konzentrationslager ermordeten Häftlinge.