Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.598

 

"widersetzliche Bevölkerung von kulturell tiefstehender Art". Ferner erklärte er in seiner bereits zitierten Ansprache bei der SS-Gruppenführertagung in Posen am 4.Oktober 1943:

"Ein Grundsatz muss für den SS-Mann absolut gelten: Ehrlich, anständig, treu und kameradschaftlich haben wir zu den Angehörigen unseres eigenen Blutes zu sein und zu sonst niemandem. Wie es den Russen geht, wie es den Tschechen geht, ist mir total gleichgültig."

 

Diese Reden wurden zwar nicht besonders vor Mitgliedern der Kommandanturstäbe gehalten. Sie lassen jedoch erkennen, welchen Geistes Himmler war und in welcher Weise er die Erziehung seiner Männer vornahm. In einer Rede während eines nationalsozialistischen Lehrganges der Wehrmacht im Januar 1937 führte Himmler u.a. aus:

"Darüber hinaus wäre es für jeden einzelnen - einigen wenigen Herren der Wehrmacht habe ich es schon ermöglichen können - unerhört instruktiv, so ein Konzentrationslager einmal anzusehen. Wenn sie das gesehen haben, sind sie davon überzeugt: Von denen sitzt keiner zu Unrecht; es ist der Abhub von Verbrechertum, von Missratenen.

Es gibt keine lebendigere Demonstration für die Erb- und Rassegesetze, also für die Dinge, die Dr. Gütt Ihnen vorgetragen hat, als ein Konzentrationslager. Da sind Leute mit Wasserköpfen, Schielende, Verwachsene, Halbjuden, eine Unmenge rassisch minderwertigen Zeugs. Das ist da alles beisammen ..... Die Erziehung geschieht im ganzen nur durch Ordnung, niemals durch irgendwelchen weltanschaulichen Unterricht, denn die Häftlinge sind ja in den meisten Fällen Sklavenseelen; nur wenige Leute mit wirklichem Charakter sind darunter ..... Unendlich viele Vorbestrafte sind darunter, gerade bei den politischen Verbrechern ..... Ich gehe jetzt da mir die Kriminalität in Deutschland immer noch zu hoch ist, dazu über, Berufsverbrecher in viel grösserem Umfange als bisher schon nach einigen Strafen, nach drei oder vier Malen, einzusperren und nicht mehr loszulassen. Das kann man anders gar nicht verantworten. Besonders wir mit unserer Humanitätsduselei und bei diesen unzulänglichen Gesetzen, diese Leute auf die Menschheit wieder loszulassen. ....."

 

Es liegt auf der Hand, dass diese Art und Weise der Erziehung gerade bei Menschen, die gewohnt waren, Befehle und Anordnungen zu befolgen, dazu führte, hemmungslos alles zu vernichten, oder zu vernichten zu suchen, was als vernichtungswürdig hingestellt wurde. Dennoch wäre es nicht zu den geschehenen grauenvollen Verbrechen gekommen, wenn die nationalsozialistische Führung nicht Menschen gefunden hätte, die ohne Bedenken und Gewissensbisse bereit waren, nicht nur den Mordbefehlen der nationalsozialistischen Gewalthaber zu folgen, sondern sich schliesslich darüber hinaus aus eigenem Antrieb und ohne Befehl zu Morden von KZ-Lager-Häftlingen entschlossen.

 

Die grausamen Misshandlungen und Morde durch SS-Unterführer wurden auch nicht dadurch verhindert, dass jeder Unterführer bei seinem Eintritt in die Kommandanturstäbe folgende Erklärung unterschreiben musste:

"Ich verpflichte mich, keine eigenmächtigen Misshandlungen von Häftlingen durchzuführen."

 

Den Unterführern wurde durch das Beispiel der SS-Offiziere begreiflich gemacht, dass es sich insoweit ebenso um eine zynische Tarnung handelte wie im Falle von Erschiessungen, die als "Fluchtversuch" begründet wurden. Solche Tarnung erschien der SS-Führung sowohl dem Ausland als auch den noch "humanitär angekränkelten" deutschen Staatsbürgern gegenüber notwendig.

 

Eigenmächtige Tötungen geschweige denn Misshandlungen von Häftlingen durch SS-Unterführer wurden auch durch die Vorgesetzten nicht geahndet. Während der Haftzeit konnten