Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXVI

Verfahren Nr.648 - 661 (1967)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.659a LG Köln 30.10.1967 JuNSV Bd.XXVI S.589

 

Lfd.Nr.659a    LG Köln    30.10.1967    JuNSV Bd.XXVI S.593

 

bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft."

 

Am 2.Mai 1933 wurden die Gewerkschaften aufgelöst und ihre Führer verhaftet. Es wurde eine Scheingewerkschaft: "Die Deutsche Arbeitsfront" gebildet. Mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7.April 1933 wurde die Beamtenschaft von Hitlergegnern "gesäubert". Parteifunktionäre bekamen den Vorrang.

 

Mit dem "Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat" vom 1.Dezember 1933 wurde die NSDAP unter Berufung auf den "Sieg der nationalsozialistischen Revolution" zur "Trägerin des deutschen Staatsgedankens" und als "mit dem Staat unlöslich verbunden" erklärt; der "Stellvertreter des Führers" und der "Stabschef der SA" wurden Mitglieder der Reichsregierung.

 

II. SS und Polizei

 

Nachdem so die "gesetzliche" Grundlage für die Errichtung einer Diktatur geschaffen worden war, erreichten es die Nationalsozialisten mit einer geschickten und intensiven Propaganda, die Mehrheit des deutschen Volkes für sich zu gewinnen, insbesondere auch, weil es gelang, Not und Arbeitslosigkeit zu beseitigen und sich aussenpolitische Erfolge einstellten. Gleichwohl waren sich Hitler und die Nationalsozialisten darüber im Klaren, dass sie bei den von ihnen angestrebten Zielen und gewählten Methoden auf die Dauer nicht mit einer freiwilligen Zustimmung zur Diktatur würden rechnen können. Sie trafen deshalb alle ihnen erforderlich erscheinenden Massnahmen, um die Alleinherrschaft ausüben und jeden Umsturz verhindern zu können. Hierzu diente in erster Linie die Schaffung eines der nationalsozialistischen Ideologie bedingungslos ergebenen Terrorinstruments: die Organisation der SS und die damit Hand in Hand gehende Errichtung von Konzentrationslagern, die von SS-Einheiten bewacht wurden.

 

Zu seinem eigenen Schutz hatte sich Hitler bereits im Jahre 1925 eine "Stabswache" aufgestellt, die aus etwa 10-15 zuverlässigen Nationalsozialisten bestand. In der Folgezeit wurden weitere derartige Trupps aufgestellt, die dann die Bezeichnung "Schutzstaffel" (SS) erhielten. Im Jahre 1929 wurde Himmler der "Reichsführer" der SS. Er richtete eine eigene SS-Geschäftsstelle ein, die später als "Reichsführung-SS" bezeichnet wurde und sich in ein SS-Amt, ein Rasse- und Siedlungshauptamt und ein SD-Amt unterteilte.

 

Die Besonderheit der SS war es von Anfang an, dass sie nur aus Parteimitgliedern, oder doch jedenfalls aus "ideologisch gefestigten" Personen bestand, nicht mehr - wie die SA unter Ernst Röhm - in der Tradition der Wehrverbände verhaftet war und somit einen typischen Parteikader bildete, der für jede Art von politischem Einsatz bedingungslos bereit war. In einem übertragenem Sinne kann gesagt werden, dass in den Jahren vor 1933 die SA die Parteiarmee und die SS die Parteipolizei bildete, die u.a. etwa den Sicherungsdienst und den Rednerschutz bei Parteiversammlungen übernahm. Im Jahre 1933 bestand die SS aus etwa 50000 Mitgliedern.

 

Nach der Machtergreifung begann eine neue Entwicklung. Innerhalb der SS stellte Hitler am 17.3.1933 eine neue Stabswache von 120 ausgesuchten Mitgliedern unter der Führung von Sepp Dietrich auf. Diese war eine stehende, kasernierte und bewaffnete Gruppe, erhielt auf dem Parteitag im Jahre 1933 die Bezeichnung "Leibstandarte Adolf Hitler" und wurde auf die Person Adolf Hitlers vereidigt. Auch in anderen Städten Deutschlands wurden in der Folge sogenannte "politische Bereitschaften" eingerichtet, die ebenfalls kaserniert und bewaffnet waren. Diese Bereitschaften bildeten später den Grundstock der Verfügungstruppe, aus der schliesslich die Waffen-SS hervorging.