Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXVI

Verfahren Nr.758 - 767 (1971 - 1972)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.758 LG Kiel 02.08.1971 JuNSV Bd.XXXVI S.5

 

Lfd.Nr.758    LG Kiel    02.08.1971    JuNSV Bd.XXXVI S.59

 

hindurchlaufen mussten, während der Zeuge Sav., der nur mangelhafte Ortskenntnis zeigte, meinte, dass Wachtmeister die Gefangenen bis zum Tor gebracht hätten.

 

Am Holzhoftor, ein Tor, das vom Innenhof zum Aussenhof führte und zwischen dem langgestreckten Arbeitsgebäude links und dem schräg hierzu liegenden Lazarett rechts lag, mussten die Gefangenen nach links zwischen Arbeitsgebäude und Aussenmauer gehen. Der Zwischenraum zwischen Arbeitsgebäude und Aussenmauer betrug etwa 10-12 m. Am Holzhoftor oder spätestens an der Ecke des Arbeitsgebäudes wurden die Gefangenen von SS-Leuten in Empfang genommen. Die Gefangenen trugen Holzschuhe und mussten den Weg über den Innenhof zum Aussenhof und hinter dem Arbeitsgebäude entlang im Laufschritt zurücklegen. Sie wurden sowohl von den Gefängnisbeamten als auch von den SS-Männern zur Eile angetrieben. Das Arbeitsgebäude war etwa 80 m lang. Die Erschiessungsstätte befand sich am Ende des Arbeitsgebäudes zwischen der Aussenmauer und dem Arbeitsgebäude in der Nordwest-Ecke des Zuchthausgeländes. Es wurden gleichzeitig jeweils etwa 10 Häftlinge zugeführt. Am Ende des Arbeitsgebäudes bekamen die Gefangenen von einem SS-Mann den Befehl, sich an den dort befindlichen Möhrenmieten niederzuknien. Die Gefangenen mussten den Kopf auf die vorgewinkelten Arme legen und das Gesicht zur Erde wenden. Dann erschoss jeweils ein SS-Mann ein oder zwei Gefangene mit Einzelfeuer aus der Maschinenpistole. Die Tötung der Häftlinge erfolgte durch Genickschuss. Andere Häftlinge bekamen nach Erreichen der Erschiessungsstätte den Befehl, sich mit dem Gesicht zur Mauer zu stellen und die Hände hinter dem Kopf zu verschränken. Auf der anderen Seite des Ganges zwischen Aussenmauer und Arbeitsgebäude standen Schützen des SS-Kommandos und schossen auf die Gefangenen. Ob diese Art zu töten mehrfach angewandt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls wurde diese Methode bei der Gruppe angewandt, zu welcher der Zeuge Lec. gehörte. Bei den Zeugen Ess. und Sav. wurde die Genickschussmethode vollzogen. Ob darüber hinaus auch Gefangene "einfach umgemäht wurden" konnte nicht sicher festgestellt werden. Von dieser Art der Tötung sprach der Zeuge Cha. Seine Aussage hierzu war aber nicht klar. Es konnte sich hierbei auch um die Erschiessung im Stehen wie bei Lec. gehandelt haben.

 

Anschliessend wurden die Erschossenen an den Beinen von je 2 Mitgliedern des Abschleppkommandos in Richtung zur Westmauer um ein Postenhäuschen, das dort in der äussersten Ecke des Zuchthausgeländes stand, herum zu einer etwa ein Spatenstich tiefen und 15-20 m langen und etwa 2 m breiten Grube geschleppt und dort hineingelegt. Als diese Grube gefüllt war, wurden die Getöteten vor der Grube um das Postenhäuschen herum liegengelassen. Die zuletzt getöteten Häftlinge wurden nicht einmal mehr weggeschleppt - sondern am Ort der Tötung einfach liegengelassen. Angehörige des SS-Kommandos haben auch bei Häftlingen, deren Tod noch nicht gleich eingetreten war, Nachschüsse abgegeben. Zwar konnten die Mitglieder des Abschleppkommandos, die Zeugen Hink. und Cha. keine Beobachtungen hierüber mitteilen, aber diese Feststellung rechtfertigt sich nach den Beobachtungen der überlebenden Zeugen Ess., Sav. und Lec. Ess. und Sav. haben diesen Vorgang selbst beobachtet, während Lec. Gnadenschüsse daran erkannt hat, dass er bei der Suche nach einem Freund unter den Leichen bei mehreren dieser Leichen mehrere Einschüsse in den Kopf festgestellt hat. Es kann daher festgestellt werden, dass das SS-Kommando durch Nachschüsse bemüht war, sicherzustellen, dass alle exekutierten Gefangenen auch wirklich getötet wurden. Einige Gefangene hatten noch versucht, der Tötung dadurch zu entgehen, dass sie wegliefen, als sie zur Exekutionsstätte geführt wurden. Die Flucht ist ihnen jedoch nicht gelungen. Sie wurden hierbei von SS-Leuten erschossen.

 

Das Abschleppkommando bestand aus 20-22 Gefangenen. Diese Gefangenen wurden vor Beginn ihrer Tätigkeit auf dem Holzhof durch einen SS-Mann in ihre Aufgabe eingeweiht und es wurde ihnen auch gesagt, dass ihnen selbst nichts geschehen werde. Es konnte nicht festgestellt werden, wer dieser SS-Mann gewesen ist. Der Zeuge Hink. meinte, es sei ein