Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.564

 

einbezogen war. Unmittelbar neben diesem Abstellgleis befand sich eine Rampe, die der Entladung der eingetroffenen Transporte und dem Aufstellen der abzutransportierenden Menschen dienen sollte. Das sich hieran anschliessende eigentliche Lager unterteilte sich in jeweils drei Teillager. Direkt neben der Rampe schloss sich das Lager I an, beinhaltend zunächst die Unterkünfte der deutschen und ukrainischen Wachmannschaften. Soweit erforderlich, konnten dort auch Werkstätten etc. installiert werden. Von der Rampe aus gesehen, vorbei am Lager I, führte eine durch Stacheldrahtzäune an beiden Seiten gesicherte Zuwegung zum sogenannten Auffanglager, auch Lager II genannt. Dort befand sich ein Auskleideplatz für die zur Vernichtung bestimmten Menschen, ausserdem die Möglichkeit, die von den eingetroffenen Menschen abgelegten und schliesslich zurückgelassenen Gegenstände in Baracken und Magazinen zu sortieren und aufzubewahren, bis ein späterer Abtransport der Habseligkeiten möglich war. Vom Auskleideplatz aus führte ein wiederum mit Stacheldrahtzäunen gesicherter Weg zum eigentlichen Vernichtungslager, dem Lagerteil III. Dieser Lagerteil war seinerseits rundum stets durch gesonderte Stacheldrahtzäune gesichert. Im Bereich des Lagers III befanden sich die Gaskammern nebst den Motoren, die die zur Vernichtung der Menschen erforderlichen Gase produzierten. Innerhalb dieses Komplexes des Lagers wurden auch die Leichname in der Anfangszeit in grossen Gruben gestapelt, später auf offenen Rosten und Feuern verbrannt.

 

Ein unter dem Befehl des SS-Obersturmführers Richard Thomalla stehendes Aufbaukommando aus deutschen Aufsehern, ukrainischen Hilfswilligen und jüdischen Arbeitshäftlingen legte die Lager der Reihe nach, jedenfalls in ihrer Grundausbaustufe an. Nachdem zunächst, gewissermassen als Musterlager, im Januar/Februar 1942 beginnend, an der Eisenbahnlinie Krasnystaw-Lemberg in der Nähe der Stadt Tomaszow an der südlichen Grenze des Distrikts Lublin das Lager Belzec errichtet und Mitte März 1942 in Betrieb genommen worden war, begann derselbe Bautrupp das Lager Sobibor anzulegen. Während das Lager Belzec noch auf einer Grundfläche von etwa 250 m Länge und rund 200 m Breite errichtet worden war, erstreckte sich das Lager Sobibor auf einer Fläche von rund 650 m Länge und 350 bis 400 m Breite. Nachdem Thomalla das noch im Aufbau befindliche Lager Sobibor an den eigentlichen Kommandanten des Lagers übergeben hatte, errichtete er mit seinem Bautrupp das Vernichtungslager Treblinka, welches auf einer Grundfläche von etwa 600 x 400 m parallel zu der Eisenbahnlinie Siedlce-Malkinia nahe der Bahnstrecke Warschau-Bialystok errichtet und am 11.Juli 1942 als betriebsbereit übergeben wurde.

 

IV. Die Mitwirkung des Angeklagten Frenzel beim allgemeinen Vernichtungsvorgang - Fall 13 - 318

 

Der Angeklagte Frenzel traf etwa am 22.April 1942 im Lager Sobibor ein. In den letzten Wochen zuvor hatte sich folgendes ereignet:

 

Er war Anfang April 1942 aus Bernburg, wo er zuletzt in der Euthanasieanstalt tätig gewesen war, abberufen worden. Er musste sich zunächst wieder bei der Dienststelle "Kanzlei des Führers" in Berlin, Tiergartenstr. 4, melden. Dort traf er viele Kameraden aus den Euthanasieanstalten wieder. Sie wurden durch Blankenburg und All. informiert, dass sie jetzt zu einem Einsatz im Osten abkommandiert seien. Frenzel erhielt einige Tage Urlaub und hatte sich täglich telefonisch bei der Dienststelle zu melden. Er nahm den SS-Scharführer Kurt Bol. und den SS-Unterscharführer Hubert G. 319 zu sich nach Hause, weil die beiden es zu ihren Heimatorten zu weit gehabt hätten. Bereits nach 2 Tagen erfuhr Frenzel, dass es nunmehr losgehe. Am folgenden Morgen trafen er, G. und Bol. in der Tiergartenstr. 4 ein, von

 

318 Siehe auch Bd.XXV S.118 ff.

319 Siehe Lfd.Nr.017, 233 und 885.