Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.561

 

der Stadt Warschau. Die jüdische Bevölkerung dieses Gebietes wurde fast ausnahmslos in das Vernichtungslager Treblinka gebracht und dort getötet, soweit sie nicht bei einzelne Massakern oder bei dem Aufstand des Warschauer Ghettos vernichtet wurden.

 

Die Transporte aus dem Gebiet Krakau wurden nahezu ausschliesslich in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Belzec geleitet, soweit nicht Teile der jüdischen Bevölkerung dieses Distrikts, in dem die Hauptstadt des Generalgouvernements lag, vorher schon in das Lubliner Gebiet abgeschoben worden waren und von dort später nach Belzec oder Sobibor gelangten. Die im Distrikt Radom ansässigen jüdischen Menschen wurden nahezu vollständig in Treblinka vergast. Nur eine kleine Gruppe wurde nach einer erhaltenen schriftlichen Mitteilung des Kreishauptmannes von Radom im August 1942 nach Sobibor transportiert. Die Juden des Distrikts Galizien wurden wahrscheinlich ausschliesslich nach Belzec transportiert, soweit sie nicht, was gerade hier häufig geschah, an Ort und Stelle getötet wurden.

 

Genaue Zahlen sind zwar nicht ermittelbar gewesen, wieviel Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Abstammung im Distrikt Lublin zu Beginn des Vernichtungsbetriebes der "Aktion Reinhard" um März und April 1942 ansässig gewesen waren, doch kann als verlässliche Mindestzahl davon ausgegangen werden, dass es etwa mindestens 200.000 Menschen aus dem Distrikt Lublin gewesen sind, die durch die vorstehend dargestellte Quote aufgeteilt in die einzelnen Vernichtungslager gebracht worden sind.

 

Die Hauptvernichtungszeiten in den jeweiligen Lagern waren etwas unterschiedlich. Während in Chelmno um die Jahreswende 1941/1942 die ersten Transporte zur Vernichtung eintrafen und die Hauptvernichtungszeit sich mit unterschiedlichen Unterbrechungen bis zum Frühjahr 1943 hinzog, dieses Lager sodann noch einmal im Juni/Juli 1944 eröffnet wurde, führte nach Auschwitz-Birkenau, dem grössten Vernichtungslager, die Mehrzahl der Deportationen aus nicht-polnischen Gebieten. Aus dem Generalgouvernement gelangten in zunehmendem Masse erst nach der Schliessung der Lager der "Aktion Reinhard" die Transporte polnischer Juden in dieses Lager. Aber auch vor dem Herbst 1943 wurden z.B. Juden aus dem Bialystok-Bezirk, aus dem Gebiet um Zichenau und aus dem oberschlesischen Raum Juden nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Dort wurden die systematischen Vernichtungsaktionen im Sommer 1942 aufgenommen, nachdem bereits vorher kleinere Vernichtungsaktionen stattgefunden hatten. Die letzten Vernichtungen in Auschwitz fanden im November 1944 statt.

 

Im Lager Belzec, dem zuerst errichteten Lager der späteren "Aktion Reinhard", fing die Vernichtung Mitte März 1942 an. Hauptvernichtungszeiten waren dort bis Mitte April 1942, zweite Hälfte des Monats Mai bis Mitte Juni und kurze Zeit im Juli 1942, sodann ab Ende Juli bis Ende November / Anfang Dezember 1942, wahrscheinlich auch noch kurze Zeit Anfang Januar 1943. Damit endete der Vernichtungsbetrieb dort, die Beseitigung der Leichen erstreckte sich noch bis in den Frühsommer 1943.

 

Nach Sobibor, dem zweiten Lager der "Aktion Reinhard", gelangten ab Ende April / Anfang Mai 1942 zunächst vor allen Dingen bis Mitte Juni 1942 Transporte, sodann nochmal im Anfang Juli 1942 und wieder ab Oktober bis Anfang Dezember 1942 sowie in den Monaten März bis August 1943 Transporte in grösserem Umfang. Das hinsichtlich der Opferzahl vermutlich grösste Lager der "Aktion Reinhard" war das im Sommer 1942 errichtete Lager Treblinka. Die Hauptvernichtungszeiten dort erstreckten sich von Mitte Juli 1942 bis August 1943.

 

Generelle Transportunterbrechungen für alle Lager sind in der zweiten Hälfte Juli 1942 für etwa 10 Tage feststellbar. Die Pause dauerte für Sobibor, von kleineren Transporten unterbrochen, bis Anfang Oktober 1942, bedingt durch längere Bahnunterbrechungen. Im Zeitraum Dezember 1942 bis Anfang Januar 1943 hatte überhaupt eine Transportsperre, von einigen Zügen aus dem Bialystocker Bezirk abgesehen, stattgefunden. Jene Schwierigkeiten