Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLVI

Verfahren Nr.892 - 897 (1984 - 1985)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.897 LG Hagen 04.10.1985 JuNSV Bd.XLVI S.543

 

Lfd.Nr.897    LG Hagen    04.10.1985    JuNSV Bd.XLVI S.546

 

All. 303, dem Geschäftsführer der Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegestellen 304, zu tun.

 

Auch nach seiner Rückkehr aus der "Euthanasie-Aktion" gehörte Frenzel nach wie vor der "T4" an. Er wurde dem Lager Sobibor zugeteilt und gehörte diesem nunmehr zugleich als Angehöriger der "Aktion Reinhard" an, bis er kurz nach dem Lageraufstand Mitte Oktober 1943 nach Berlin zurück und sodann nach Italien kam. Dort wurde er mit den übrigen Männern der "Aktion Reinhard" in Oberitalien eingesetzt. Dort trug er, genau wie seine Kameraden, Polizeiuniform und gehörte der Globocnik unterstellten Einheit "R" an, zuletzt als Polizeihauptwachtmeister in Triest und Fiume. Im Frühjahr 1944 erlitt er dort einen Motorradunfall und lag einige Zeit in verschiedenen Lazaretten. Ab April 1945 befand er sich unter der Führung des damaligen Oberstleutnant All. auf dem Rückzug und wurde, wie auch andere Angehörige der Einheit, in Kärnten von All. aus der Dienstverpflichtung der "T4" entlassen und von dem geleisteten Eid entbunden. Während All. und der SS-Obersturmführer Oberhauser 305 sich absetzten, kam Frenzel mit einigen anderen seiner Einheit in amerikanische Gefangenschaft und wurde interniert. Er wurde jedoch schon am 8. oder 10.Mai 1945 entlassen, aber verpflichtet, zunächst bei den Amerikanern zu arbeiten, was er bis zum August 1945 auch tat. Ihm sollen die Küchen des Internierungslagers unterstanden haben. Er gelangte nach seiner Entlassung zunächst nach Lambsdorf/Hessen. Bei seiner Ankunft im November 1945 in Löwenberg war morgens seine Frau verstorben, und zwar an Typhus. Post hatte sie vorher von ihm nicht mehr bekommen. Über Friedland und Berlin kam er nach Göttingen.

 

Dort lebte er ab November 1945 und versuchte wieder Arbeit zu finden. Er wurde zunächst jedoch dienstverpflichtet zum Aufbau des Lagers Friedland. Neben dem Lager installierte sich eine Fischgrosshandlung, bei der er alsbald Arbeit fand. Später war er in einer Buchdruckerei für etwa 9 Monate als Zimmermann beschäftigt.

 

In Göttingen lebte er schliesslich mit Elfriede Grb. zusammen; er tat dies, um zu verhindern, dass seine Kinder, die 1949 und 1950 aus der damaligen Ostzone nach Göttingen nachgekommen waren, in einem Heim untergebracht wurden.

 

Bereits ab 1947 hatte er Arbeit beim Filmatelier Göttingen gefunden, zuletzt als Vizebühnenmeister bei einem Bruttoeinkommen von etwa 600,- DM monatlich. Bei der Filmatelier GmbH war er bis zu seiner Verhaftung im März 1962 beschäftigt. Eine Bewerbung zum Deutschen Fernsehen kam infolge seiner Verhaftung nicht mehr zum Tragen.

 

Im anhängigen Verfahren wurde der Angeklagte am 22.März 1962 in Untersuchungshaft genommen, die nach Rechtskraft des Urteils des Schwurgerichts Hagen vom 20.Dezember 1966 306 als Strafhaft fortdauerte, bis er am 21.Dezember 1976 zunächst aus der Haft entlassen wurde. Aufgrund des Beschlusses der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Hagen vom 20.Dezember 1976 war nämlich die Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig erklärt und die Unterbrechung der Strafvollstreckung angeordnet worden. Nachdem durch Beschluss derselben Kammer vom 29.Dezember 1978 die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung in den Fällen 13, 17, 21, 22, 35 und 42 307 angeordnet,

 

303 Siehe Lfd.Nr.697.

304 Richtig: Heil- und Pflegeanstalten.

305 Siehe Lfd.Nr.585 sowie DJuNSV Lfd.Nr.1551.

306 Siehe Lfd.Nr.642a.

307 Siehe Lfd.Nr.642a, Bd.XXV S.118 ff. (Fall 13), S.126 ff. (Fall 17), S.128 ff. (Fall 21), S.134 ff. (Fall 22), S.137 ff. (Fall 35) und S.139 f. (Fall 42).