Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVII

Verfahren Nr.500 - 522 (1960 - 1961)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.511a LG Aurich 29.05.1961 JuNSV Bd.XVII S.421

 

Lfd.Nr.511a    LG Aurich    29.05.1961    JuNSV Bd.XVII S.473

 

Verwerflichkeit im Sinne des §211 Abs.2 StGB vorliegen muss.

Zur Tatzeit lauteten diese Bestimmungen folgendermassen:

§211 StGB:

"Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft."

§212 StGB:

"Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung nicht mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Totschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft."

Durch das Gesetz zur Änderung des Reichsstrafgesetzbuches vom 4.September 1941 (RGBl. I S.549) haben die Strafvorschriften über Mord und Totschlag folgende Fassungen erhalten:

§211 StGB:

"(1) Der Mörder wird mit dem Tode bestraft.

(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,

heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder

um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,

einen Menschen tötet.

(3) Ist in besonderen Ausnahmefällen die Todesstrafe nicht angemessen, so ist die Strafe lebenslanges Zuchthaus."

§212 StGB:

"Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft."

Durch Artikel 102 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.Mai 1949 ist die Todesstrafe abgeschafft worden. Der Abschaffung der Todesstrafe durch das Grundgesetz hat das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4.August 1953 (BGBl. I S.735) die Strafvorschriften der §§211 und 212 StGB angepasst.

§211 Abs.1 StGB hat die Fassung erhalten:

"Der Mörder wird mit lebenslangem Zuchthaus bestraft." Der dritte Absatz des §211 StGB ist gestrichen worden.

In §212 StGB sind die Worte "mit lebenslangem Zuchthaus oder" gestrichen worden und als Absatz 2 die Vorschrift eingefügt worden:

"In besonders schweren Fällen ist auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen."

Nach dem Grundsatz des §2 Abs.2 StGB ist der den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Sachverhalt darauf nachzuprüfen, ob sowohl die Tatbestandsmerkmale des §211 StGB alter Fassung (a.F.) als auch die des §211 StGB neuer Fassung (n.F.) erfüllt sind. Sind nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die gesetzlichen Tatbestände beider Fassungen des §211 StGB erfüllt, so hat die Bestrafung nach §211 StGB n.F. zu erfolgen, da hier nicht mehr die Todesstrafe, sondern lebenslanges Zuchthaus als Höchststrafe angedroht ist.

 

Die zur Tatzeit gültige gesetzliche Bestimmung der Beihilfe war in §49 StGB enthalten, der damals folgenden Wortlaut hatte:

"(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hilfe geleistet hat, jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen zu ermässigen."

In Ergänzung hierzu bestimmte §4 der Verordnung gegen Gewaltverbrecher vom 5.Dezember 1939 (RGBl. I S.2378):

"Für den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens oder für die Beihilfe dazu ist allgemein die Strafe zulässig, die für die